: Keine Wronski-Sticker
■ Verkehrsverwaltung stoppt eigene Klebezettel-Aktion gegen Falschparker
Baß erstaunt waren am Donnerstag die Aktivisten des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), als ihnen ein Eilbote einen persönlich von Verkehrssenator Wronski (CDU) verfaßten Brief überreichte. Zu seinem Bedauern müsse er mitteilen, daß die dem Club überlassenen Materialien zum Thema „Parke nicht auf unseren Wegen“ ohne sein Wissen beschafft worden seien, schrieb er. Hier lägen „Eigenmächtigkeiten“ in seinem Hause vor, die er verfolgen werde. In fast flehentlichem Ton bat der vor der Pensionierung stehende Senator schließlich, auf den Punkt kommend, „dringend, von einer weiteren Verteilung abzusehen und die Bestände zurückzugeben“.
Zur Erklärung führte der Bedenkenträger verklausuliert eine aktuelle rechtliche Hürde an: den Wahlkampf. Schon 1977 habe das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil ausgeführt, „daß als Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung ein Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht kommt“, so die plötzliche juristische Nachhilfe in eigener Sache. „Schon aus diesem Grund“ hege die Verwaltung nicht die Absicht, eine solche Aktion „zum gegenwärtigen Zeitpunkt durchzuführen“.
Das findet der Strampler-Club wiederum „absurd“. „Die Wahl ist nur ein vorgeschobenes Argument“, meint der Sprecher Axel Blomberg und verweist auf eine seit einem Jahr mit Erfolg laufende gleiche Kampagne gegen Falschparker in Nordrhein-Westfalen. Es sei doch völlig logisch, „daß dieser Auto-Wronski nicht will, daß Kleber auf falsch geparkte Wagen geklebt werden“.
Blomberg: „Wir sehen gar nicht ein, daß wir die uns zusammen mit begleitenden Videobändern förmlich aufgenötigten Dinger zum Einstampfen zurückgeben sollen, und werden den Rest auf einer TU-Veranstaltung am Dienstag unter die Leute bringen.“
„Zunächst einmal erwarten wir eine Reaktion des ADFC“, kommentierte diese Ankündigung süß-säuerlich der Sprecher der Wronski-Behörde Adam. Adam verlegte sich aufs Drohen: „Es läßt sich relativ leicht feststellen, woher die Aufkleber kommen, wenn sie kommen.“ Er sprach davon, daß eine „untergeordnete Dienststelle“ in der Verwaltung eigenmächtig „in erheblichem Umfang“ und „mit beträchtlichen Kosten“ das Kampagnematerial gegen die Autosünder gefertigt und verteilt habe. Nun werde gegen die unbotmäßigen Fußgänger- und Radlerfreunde „die Regreßlage“ innerdienstlich geklärt. Was mit den ganzen Aufklebern, Videobändern und begleitenden Broschüren geschehe, sei noch nicht entschieden. Erst einmal würden die Papierberge zwischengelagert. Die Frage, ob das verkehrserzieherische Gut überhaupt - eventuell nach den Wahlen - weiter verwendet werde, könne er im Moment „weder positiv noch negativ beantworten“, sagte der Wronski-Sprecher. Ein Wahlmonat sei jedenfalls kein geeigneter Monat, mit einer neuen, spektakulären Aktion an die Öffentlichkeit zu treten. Obschon: Über lästige Klebezettel an Blechen, Seitenspiegel und Windschutzscheiben erboste Autofahrer seien bei der Verwaltung bisher nicht vorstellig geworden.
Thomas Knauf
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen