: US-Pilot: „Good kill“
■ UNO-Sitzung zu Reagans letztem Feuerwerk /US-Videos sollen Raketen an libyschen Maschinen beweisen /Thatcher-Veto verhindert EG-Stellungnahme
New York/Paris (afp/dpa/taz) - Während der US-Flugzeugträger „John F.Kennedy“ in die ruhigen Gewässer des Hafens von Haifa eingelaufen ist, schlug die Affäre um den Abschuß zweier libyscher Kampfflugzeuge auf der gestrigen Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates hohe Wellen. Libyen warf den USA „Staatsterrorismus“ und „vorsätzliche Aggression“ vor. Die Abschüsse vom Mittwoch seien nur ein Vorspiel zu weiteren Militäraktionen der USA.
Der amerikanische Vertreter konterte, Video-Aufnahmen bewiesen „eindeutig“, daß die beiden libyschen MIGs mit Raketen ausgestattet gewesen wären. Das vom Pentagon vorgelegte Videomaterial, das gestern im amerikanischen Fernsehen gezeigt wurde, ist allerdings von schlechter Qualität und läßt nicht erkennen, ob unter den Tragflächen der Flugzeuge tatsächlich Raketen befestigt waren. Nach dem auf Tonband festgehaltenen Funksprechverkehr versuchten die US-Piloten zweimal, die libyschen Maschinen abzuschütteln. Dann gab der Patrouillenführer den Befehl, sich zur Verteidigung bereit zu machen. „Good kill“ verzeichnet das Tonband als Ausruf eines der beiden US-Piloten. Der gesamte Zwischenfall in 2.000 Meter Höhe dauerte nur etwas mehr als sieben Minuten.
Im Sicherheitsrat erhielt Libyen Unterstützung von Bahrein, das im Namen der arabischen Staaten sprach, von Burkina Faso stellvertretend für die afrikanischen Länder, sowie von Tunesien, Syrien, Kuba und der Sowjetunion. Die sieben blockfreien Mitglieder des Gremiums - Algerien, Kolumbien, Äthiopien, Malaysia, Nepal, Senegal und Jugoslawien berieten derweil in Abstimmung mit Tripolis einen eigenen Resolutionsentwurf, der eine Verurteilung der amerikanischen Aktion enthält und die USA auffordert, ihre Flotte von der libyschen Küste abzuziehen. Für eine Verabschiedung des Entwurfs besteht keine Chance - die USA verfügen über das Vetorecht im Sicherheitsrat.
Libyen möchte die Debatte im Sicherheitsrat bis mindestens Montag verlängern, um einem etwaigen Angriff auf seine Chemiefabrik in Rabta während der heute in Paris beginnenden Chemiewaffenkonferenz vorzubeugen.
Durch das Veto der britischen Premierministerin Thatcher wurde eine Stellungnahme der Europäischen Gemeinschaft zu dem Flugzeugabschuß verhindert. Der von der spanischen Regierung als neuer Ratspräsidentin der EG formulierte Text schien den Briten „zu weich“, da er die amerikanische Seite nicht entschlossen genug unterstütze. Alle anderen elf EG -Länder hatten sich in dem Textentwurf darauf geeinigt, weder für Libyen noch für die USA Partei zu ergreifen und lediglich auf einen Abbau der Eskalation zu hoffen.
smo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen