ABGANG IST ÜBERALL DABEI

■ „Arsch oder Seele“ im Mehringhof-Theater

Satire darf zwar alles, wie des öfteren schon bemerkt worden ist, aber wenn man Jockel Tschiersch und seine Partnerin Gabriele Rothmüller im Mehringhof-Theater gesehen hat, kommen einem doch Zweifel, ob sie auch alles kann.

Gegliedert ist das schnöde Stück durch die Redeschlacht der beiden Protagonisten an zwei Spielautomaten, der Einsatz ist das Wort, und wer am besten die altbekannten Sprüche variiert, erhält unter dem Beifall des Publikums einen Punkt. Gibt es ein Freispiel, verwandeln sich die anonymen, stellvertretenden Geschlechtsgenossen in Charaktermasken, die sie sich gegenseitig herunterziehen wollen. Sie steht im Fenster seines Liebesnestes, in dem er klammheimlich jeden Donnerstag fern von seiner Frau in Waidmannslust 14jährige Prostituierte empfängt.

Man mag es nicht für möglich halten, was er ihr in der Situation des drohenden Selbstmordes für Geschichten erzählt, und fragt sich über kurz oder lang, was diese Frau denn noch alles ertragen wird an Demütigungen, wenn sie ihm erklärt, das sie dort steht, weil sie ihn liebt und keine Möglichkeit sah, ihn anders kennenzulernen.

Für wie dämlich müssen wir eigentlich gehalten werden, diese Geschichte zu glauben?

Das scheint alles an den Schamhaaren herbeigezogen und macht so gut wie keinen Sinn, aber nach der Pause überdreht die ganze Story völlig. Die Liebesnacht haben sie Gott sei Dank schon hinter sich, aber wie man nur auf die Idee kommen kann, nun ein heiteres Abendprogramm im ersten deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit zu probieren, bleibt genauso rätselhaft wie die Schlußpointe. Wenn die beiden also erst einmal die beliebten Unterhaltungssendungen für die ganze Familie analysieren, um daraus den Schluß zu ziehen, daß es nur noch ein winziger Schritt zur Volksverhetzung ist, in dem Andersartige, Behinderte, Randgruppen, Ausländer zur Zielscheibe des Spottes werden, so darf einen auch nicht verwundern, wenn das Frauenbild, das sich in den Köpfen befindet, derartig böswillig ist, daß die ganze Aufführung nur zu retten ist, indem sich die Frau entpuppt als Mitglied einer kämpferischen Frauengruppe, die sich entschlossen hat, die Chauvies unter den Männern auszumerzen. Warum diese Frauen allerdings sich erst bis zur Selbstverleugnung ver beziehungsweise entstellen müssen, anstatt den Typen gleich über den Haufen zu schießen, bleibt ein kabarettistisches Geheimnis. Oder sollte es gar der immer wieder einmal vertretenen These des Mannes entsprechen, daß Frauen eben doch besser lügen können als Männer? Das wäre nun wirklich keine Satire mehr, sondern nur noch peinlich.

Qpferdach

„Arsch oder Seele“, täglich außer Montag und Dienstag bis zum 29.Januar im Mehringhof-Theater um 21 Uhr.