piwik no script img

Demo-Verbot

■ Polizei verbietet Kudamm-Demo / Immobilienbüros sollten „besucht“ werden / Veranstalter gehen vor Gericht

„Die Demo kriegt Gewicht“, freute sich gestern einer der Veranstalter der für Freitag geplanten Demonstration gegen „Hausbesitzer, Spekulanten und Bänker“. Grund der Freude: Die Polizei hat am Dienstag die beantragte Route über den Kurfürstendamm verboten. Die Veranstalter wollen die Kudamm -Route jetzt per Einstweiliger Verfügung vor dem Verwaltungsgericht erstreiten.

Streitpunkt mit der Polizei: Die Wegstrecke soll an 28 Immobilienbüros und Wohnungsbaufirmen vorbeiführen. Vor deren Büros wollen die Demonstranten mit 17 zehnminütigen „Kundgebungen“ die Proteste „so gestalten“, heißt es in einem Flugblatt, daß sie den Besuchten „im Gedächtnis bleiben“. Der polizeiliche Staatsschutz befürchtet darum „erheblichen psychischen Druck“ auf Inhaber und Mitarbeiter der Firmen. Ein „unfriedlicher Verlauf“ sei „vorprogrammiert.

Die Staatsschützer lehnen die beantragte Route außerdem mit dem vor Gericht oft gescheiterten Argument ab, daß die Kundgebung den Kudamm „in einer Weise“ beanspruchen würde, „die die Benutzung des Boulevards für andere Zwecke erheblich beeinträchtigt“. „Gleichwertige Rechte“ von kauflustigen Fußgängern sowie Autofahrern müßten auf der Kudamm-Route berücksichtigt werden. Genehmigen will die Behörde dagegen eine Strecke, die vom Breitscheidplatz über Kant- und Windscheidstraße zum Sophie-Charlotte-Platz führt.

„1989 wird ein schwarzes Jahr für die Berliner Wohnungswirtschaft“, hoffen die Veranstalter, laut Flugblatt „Mieter und Obdachlose in Berlin (MOB)“. Der „Kudammspaziergang“ am Freitag (dem 13.Januar) soll jedenfalls an den Börsenkrach am „Schwarzen Freitag“ im Jahr 1929 erinnern. Auf einer „Großdemo“ am 21.Januar sollen die Wohnungswirtschaftler dann im Grunewald „in ihren Villen besichtigt“ werden. Ob diese Reprise auf die Grunewald -Demonstration von 1981 genehmigt wird, ist noch offen. Flugblatthoffnung: „Wo eine Villa ist, ist auch ein Weg.“ Heute abend im Mehringhof berät eine Vollversammlung die Chose.

hmt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen