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Die Schiedsrichter

Ob in London oder Brüssel, die Schiedsrichter im Spiel unternehmerischer Verflechtungen, kombinierter oder feindlicher take-overs sind gründlich verwirrt. Alle wollen den Binnenmarkt, doch keiner kennt die genauen Spielregeln, weiß für welche Übertretung es welche Strafe gibt.

Nehmen wir nur die Regierung Thatcher, eigentlich bekannt für ihr Laisser-faire am kapitalistischen Spieltisch. Da durften die Schweizer 1988 die guten alten britischen Schokoladenriegel genüßlich aufschlecken (Nestle durfte Rowntree kaufen), den verdächtigen Arabern aber wurde der übermäßige Erwerb von BP-Aktien untersagt. (Die Kuwait Investment Office mußte jetzt ihre Ölaktien an BP zurückverscherbeln.)

Aber kann man jetzt den Amerikaner und Franzosen die Kontrolle über Großbritanniens wichtigsten Rüstungslieferanten überlassen, so daß demnächst auch noch die Panzer der königlichen Armee mit ausländischer Elektronik vollgestopft werden?

Solche Fragen werden in London in diesen Tagen von Fall zu Fall entschieden, je nach politischem Opportunismus und nicht aufgrund einer wohlüberlegten Strategie von Regierung und Kartellbehörden. Denn angesichts der zunehmend transnationalen Wettbewerbskalküle greift eine nationale Fusionspolitik längst nicht mehr, während es die einheitlichen Fusionsrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft noch nicht gibt.

Weil die Labour-Opposition und konservative Abgeordnete schon vom Ausverkauf der heimischen Rüstungsindustrie sprechen, wird Industrieminister Lord Young das Übernahmeangebot für GEC mit Sicherheit an die Monopolkommission verweisen. Ob er allerdings auch das Angebot von GEC und Siemens für Plessey an die Kartellbehörde verweist, werden wir Ende dieser Woche wissen.

Und dann gibt es ja auch noch die Wettbewerbshüter in Brüssel. Solange sich die Staaten der Europäischen Gemeinschaft nicht auf einheitliche Fusionsrichtlinien geeinigt haben, darf die EG-Kommission ihr Urteil zwar eigentlich erst nach einem erfolgten take-over fällen, mischt sich jedoch jetzt bei grenzüberschreitenden Fusionen schon immer früher ein.

Deswegen wird derzeit in Brüssel auch darüber gebrütet, ob der Übernahmeversuch von GEC-Siemens eine verbotene Absprache ist und damit gegen die Wettbewerbsgesetze verstößt oder nicht. Artikel 85 und 86 der Römischen Verträge, die eine Wettbewerbsverzerrung oder die Ausnutzung einer dominierenden Marktposition untersagen, würden den Brüsseler Wettbewerbshütern hier eine Eingriffsmöglichkeit geben.

Ein erster Wink wird ebenfalls Ende dieser Woche erwartet, die endgültige Entscheidung wird fünf Monate dauern. Sollte die vorläufige Entscheidung gegen GEC-Siemens ausfallen, stünden die Chancen eines Konsortiums zur Übernahme von GEC noch schlechter. Anderenfalls wird sich die EG-Kommission den Vorschlägen zur Übernahme von GEC annehmen, sobald die Take-over-Angebote offiziell auf dem Tisch liegen.

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