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Keine Angst vor oben!

■ Post und Bremer Feuerwehr bieten Karrieren besonders für Frauen an Bisher nur wenige Bewerbungen / Feuerwehr stellt sogar bevorzugt Frauen ein

Nach 30 Metern DL (Drehleiter) darf sie weder schwindelig sein noch Angst vor dem Runtergucken haben. Und wenn sie auch noch jünger ist als 30 Jahre, einen Eignungstest besteht, sportabzeichenfähige Leistungen vorlegt, Schul- und Berufserfahrung hat, dann kann sie fast schon anfangen - als Beamtenanwärterin im „mittleren feuerwehrtechischen Dienst“. Nach langen Jahren Einstellungsstop sucht die bremische Feuerwehr wieder BewerberInnen - und wie im letzten Jahr sind Frauen nicht nur zugelassen, sondern werden „bei gleicher Qualifikation“ sogar ausdrücklich bevorzugt. Von 256 Bewerbungen des letzten Jahres kamen nur zehn von Frauen - neun hatten die formalen Eingangsbedingungen nicht erfüllt, der zehnten fehlte Berufspraxis. Sie ist diesmal wieder dabei.

Feuerwehrfrauen müssen - „genau wie der normale Feuerwehrmann“, betont Dieter Manschke aus der Einsatzzen

trale - löschen, Katzen aus Bäumen holen, gefährliche Güter im Hafen sicherstellen, mit Wespennestern umgehen können und mit der Blechschere eingeklemmte Unfallopfer aus zertrümmerten PKW schneiden.

„Wir können uns nicht dagegen wehren und wollen es auch gar nicht“, sagt Manschke in Bezug auf die bevorstehende Einstellung von Kolleginnen, aber deutlich schwingt Besorgnis mit, ob die Frauen das durchhalten, 100-Kilo-Leute die Leiter herunterzubugsieren oder auch den 24-Stunden -Dienst zu schieben und dafür dann zwei Tage frei zu haben. Für den Frauenberuf Krankenschwester allerdings gehört das Heben und Drehen von schwergewichtigen und verletzten PatientInnen zum normalen Alltag.

Eine forsche junge Frau mit Brille und Trenchcoat sagt seit einigen Wochen ganzseitig, selbstbewußt und ungeschminkt in den großen Frauen-Illustrierten: „Ich

mache Karriere bei der Post.“ Und Frauen und Mädchen „mit technischem Interesse“ könnten und sollten bei der Post was werden. In Bremen auch, wenn sie sich nur bewerben würden zur „Elektro-Mechanikerin“ oder zur „Kommunikations -Elektronikerin“. Was erst seit 1987 „Kommunikations -Elektronikerin“ heißt, war früher der Beruf der „Fernmelde -Handwerkerin“. Heute aber geht es nicht mehr darum, auf Masten zu klettern und Drähte zu löten. Die auszubildende Kommunikations-Elektronikerin lernt, mit Chips und elektronischen Bauteilen umzugehen und Fehler in digitalen elektronischen Vermittlungsgsstellen zu finden und zu beheben.

„Wenn man den Test schafft, ist der Fall geritzt“, verspricht Hans-Joachim Haasner vom Fernmeldeamt 2, „aber das Frauen-Problem stellt sich kaum, weil sich praktisch keine Frauen bewerben.“ Nur 11 Prozent weib

liche Azubis gab es 1988 im ganzen großen OPD-Bezirk von der Nordsee bis Rothenburg. „Es gibt überhaupt keinen Unterschied nach oben oder nach unten zwischen weiblichen und männlichen Auszubildenden“, betont Haasner nach den Erfahrungen der letzten Jahre, „Mädchen sind genauso gut und genauso dumm wie Jungs.“ Haupt- oder Realschulabschluß müssen die BewerberInnen vorweisen und sich auf Rechnen, Rechtschreiben und Konzentration testen lassen. Außerdem gibt es Testpunkte für Zeichnen nach vorgegebenem Motiv und fingerfertiges Drahtbiegen nach Vorlage. Auch ihr maschinentechnisches Verständnis soll die Bewerberin unter Beweis stellen: In welche Richtung sich zum Beispiel Zahnräder drehen, ist einer Zeichnung zu entnehmen.

Susanne Paa

Die Post nimmt laufend Bewerbungen an, Bewerbungsschluß bei der Bremer Feuerwehr für 1989 ist der 11. Mai.

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