: Heckelmann mußte Polizei abbestellen
■ Grünes Truppenaufgebot zog sich von der Freien Universität zurück / Professoren hoffen auf „Neubeginn“ im Gespräch mit den Studenten / TFH-Präsident läßt sich „Studierwilligkeit“ schriftlich bestätigen
Die Poliezi hat sich aus der FU zurückgezogen. FU-Präsident Heckelmann, der gestern mittag Innensenator Kewenig gebeten hatte, die Polizeieinsätze zu beenden, hat eingesehen, daß mit Gewalt nichts zu erreichen ist, außer Hunderte von Verletzten und vorläufigen Festnahmen. Eine schwere Wirbelverletzung, die noch gestern morgen eine Studentin nach den brutalen Polizeieinsätzen davontrug, ist trauriger Schlußpunkt der Polizeigewalt. Wissenschaftssenator Turner steht nach wie vor hinter den Polizeieinsätzen, wie er gestern auf einer Pressekonferenz nochmals bekräfigte.
Einsichtig zeigte sich der Dekan des medizinischen Fachbereichs Professor Friedrich Körber. Es komme jetzt auf den Dialog zwischen Studenten und Professoren an, so Körber. Aus diesem Grund habe er mit der Universitätsleitung abgesprochen, daß dafür Zeit gewährt werden müsse. Auf deutsch: Heute und morgen bleiben die medizinischen Institute dicht. Der Lehrbetrieb fällt aus. Erst am kommenden Montag sollen die Seminare und Praktika, so der Dekan, wieder stattfinden, diesmal ohne Polizeipräsenz.
Der Dekan hofft, daß ab Montag ein „Neubeginn“ in der Auseinandersetzung zwischen den Studenten und der Universitätsleitung möglich wird. Darauf hofft auch der TFH -Präsident Professor Jürgen Tippe. Nachdem er fünf Fachbereiche samt Mensa und Asta-Büro durch die Schließung eines Universitätsgebäudes heimatlos gemacht hatte, appelliert Tippe jetzt an die Vernunft seiner Studenten. Mit den Hauptforderungen der Studenten stimme er zwar überein; „wenn aber die Fachbereiche weiterhin besetzt bleiben, obwohl die gesamte Studentenschaft gegen eine Streikfortsetzung gestimmt hat, dann kann ich dies nicht akzeptieren“, so Tippe. Deshalb will er per schriftlicher Erklärung der Teilnahmebereitschaft an den Seminaren selber die Streikwilligkeit analysieren. Das vorgefertigte Erklärungsformular landet heute in allen Postkästen der TFH -Studenten. Bis spätestens morgen müssen die Studenten entschieden haben, „was sie sind“ - „studierwillig“ oder „ -unwillig“. Ein Sprecher des TFH-AStA bezeichnete diese „Briefwahl“ als absurd. StudentInnen, die sich über das Wochenende nicht in Berlin befänden, hätten keine Chance, ihre Studierwilligkeit auszudrücken. Außerdem seien auch die TFH-Studenten grundsätzlich teilnahmewillig an Lehrveranstaltungen. Der Sprecher: „Wir unterschreiben das Teil natürlich positiv - und zwar alle.“
cb/beho
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