: Goodwill auf libysch
■ Ghaddafis Tochter überreicht Bischof Martinelli die Leiche eines 1986 abgeschossenen US-Piloten
Tripolis (taz) - „Wir bedauern, die zweite Leiche nicht übergeben zu können, aber sie ist von den Fischen gefressen“, erklärte die kleine Heicha „im Namen der libyschen Jugend“ dem katholischen Bischof von Tripolis, Monsignore Vescovo Martinelli. Zusammen mit ihren zwei kleinen Brüdern übergab die Tochter Ghaddafis am Freitag mittag dem Repräsentanten des Vatikans in Tripolis die Leiche des US-Piloten Lorenz, der im April 1986 während des US-Bombenangriffs auf Tripolis von der libyschen Flugabwehr abgeschossen worden war. Der in eine US-Flagge gehüllte Sarg wurde nachmittags mit einer libyschen Maschine vom Militärflugplatz bei Maetiaga, einer früheren US-Air-Base, nach Rom geflogen und dort vom Bischof Martinelli den Vertretern der USA übergeben.
Mit der Übergabe der Leiche von Lorenz will die libysche Regierung, so die Äußerung von Offiziellen, dem neuen US -Präsidenten Bush offenbar einerseits signalisieren, daß man bei der Lösung aktueller Konflikte mithelfen wolle, anderseits aber auch Verteidigungsbereitschaft demonstrieren. „Die Fische und wir erwarten die Aggressoren“, bekundete die Gaddafi-Tochter, ein höchstens zwölf Jahre altes Mädchen, jedenfalls mit ihrem recht markigen Statement bei der Übergabezeremonie, die - in eindeutiger Symbolik - direkt vor jenem Haus inszeniert wurde, in dem bei dem US-Bombardement eine Adoptiv-Tochter Gaddafis umgekommen war.
Allerdings rechnet in Tripolis offenbar derzeit niemand ernsthaft mit einem US-Angriff. Das öffentliche Leben jedenfalls in Tripolis ist von geschäftiger Normalität geprägt.
Thomas Scheuer
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