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Zentral planen und privat bauen

■ FDP-Forum zur Stadtentwicklungspolitik am Freitag abend: Kritik an fehlender Generallinie der Stadtplanung / Die CDU-Bauverwaltung soll andererseits endlich Planungsaufgaben abgeben / Die Partei denkt an eine Verwaltungsreform für Klientel der freien Architekten

Einen Stadtentwicklungsdirektor mit einem vernünftigen Planungsstab will die FDP nach den Wahlen, kündigte deren baupolitische Sprecherin, Schmid-Petry, auf einem Parteiforum zur Stadtentwicklungspolitik am Freitag an. Diese sollen dafür sorgen, daß es weniger „Reibungsverluste“ zwischen der Bau- und Stadtentwicklungsverwaltung gibt. Diese Forderung der Liberalen werde voraussichtlich zu wesentlich schwierigeren und längeren Koalitionsverhandlungen mit der CDU als 1985 führen. Den Vorschlag begründend, kritisierte Frau Schmid-Petry, daß eine planerische „Generallinie“ oder „Vision“ für die Stadt derzeit fehle. Die Senatsplaner werkelten nur „stückweise“ mal in der City, am Moabiter Werder, um die Kongreßhalle oder um den Reichstag. „Das, was vom Verkehr angefangen bis zur gesellschaftlichen Struktur Planen ausmache, geschieht in Berlin nicht“, stellte die Bauexpertin fest, die damit indirekt auch FDP-Senator Starnick ein Versagen bescheinigte.

Vehement setzte sich Frau Schmid-Petry auch für eine Übertragung staatlicher Aufgaben an freiberuflich tätige Planer aus. Letztere könnten besser und billiger arbeiten. Die Bauverwaltung sei aufgerufen, nicht wie derzeit schon nur statische Berechnungen, sondern auch die Prüfung von Bauplanungsunterlagen freien Ingenieurbüros anzuvertrauen. Ein Anliegen, daß bei den überwiegend anwesenden freien Architekten verständlicherweise auf Beifall stieß. Es gelte, der Existenzgefährdung eines ganzen Standes vorzubeugen, so ein Anwesender. Wenn sich 1992 die europäischen Grenzen öffnen, könnte das dazu führen, daß die geltenden Honorarordnungen und Vergaberichtlinien aufgeweicht werden. Das könne dazu führen, daß riesige Baukonzerne wie die Holzmann-AG stärker nach Berlin drängen könnten und Planungs - und Bauvorbereitungsarbeiten zusammen unter einem Dach erledigen.

Der Münchner Architekt Christoph Hackelsberger, ein Mitglied des Stadtgestaltungsbeirates bei Starnick, wandte ein, daß zunächst einmal die an die Futtertröge drängenden Kollegen qua inhaltlicher Planungsideen ein ganz anderes Verantwortungsethos aufbauen müßten. Beispiel für die Ineffektivität der Verwaltungen Starnicks und Bausenator Wittwers sei, daß beide Behörden unkoordiniert Wettbewerbe veranstalteten.

Während auf der Veranstaltung das FDP-Begehren auf Zusammenführung aller Bauleitplanungsangelegenheiten in der Stadtentwicklungsbehörde Starnicks und die Zurechtstutzung des Molochs Bauverwaltung so allgemein gutgeheißen wurde, entspann sich über die Sinnhaftigkeit des Doppelressorts „für Stadtentwicklung und Umweltschutz“ eine scharfe Kontroverse. Stadtentwicklung sei ein „natürlicher Feind der Umwelt“, warf so der ehemalige Chefredakteur des Fachblatts 'Bauwelt‘, Conrad, ein. Da Starnick kein parlamentarisches Vortragsrecht besitze, seien die notwendigerweise hausintern, abseits einer demokratischen Kontrolle, kleinzukochenden Konflikte „absolut tödlich“ für die Stadtentwicklung. Starnicks Planungsreferent Bernd Faskel nannte diese Argumente für eine Trennung der Ressorts wiederum „abenteuerlich“. Stadtplanung müsse auch immer umweltpolitische Ressourcenplanung sein. Faskel: „Wenn der Flächennutzungsplan beim Bausenator gelegen hätte, hätte der Wohnungsbau dominiert.“

thok

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