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Kein Freibier mehr für Journalisten?

■ Stadtwerke finanzieren in Dortmund das „Vereinsleben“ des Journalistenverbands und versuchen, kritische Berichterstattung zu unterbinden / DJV-Landesverband: „Ein ungewöhnliches Ausmaß der Unterstützung“

Dortmund (taz) - Daß der Schriftführer des Kaninchenzüchtervereins wettert, er werde sein Abonnement kündigen, wenn seine wertvollen Tiere noch einmal als „Mümmelmänner“ tituliert werden, gehört im Ruhrgebiet zum harten Alltag eines Lokalredakteurs. Aber wie die Dortmunder Stadtwerke Ende '88 versuchten, Druck auf die 'Westfälische Rundschau‘ auszuüben, weil sie die Schwarzfahrer-Kontrollen kritisierte, hat nun doch heftige Kontroversen im Presseverein Ruhr ausgelöst.

Dabei hatte der Dortmunder Ortsverein des Deutschen Journalistenverbands den kommunalen Verkehrs- und Versorgungsbetrieben bisher immer sehr nahe gestanden. In Personalunion war der Pressesprecher der Stadtwerke gleichzeitig Geschäftsführer des Pressevereins Ruhr: Alle Briefe des Vereins liefen durch die Frankiermaschine des städtischen Unternehmens. Und einmal pro Jahr gaben die Stadtwerke ein großes Fest aus.

Aber als die Dortmunder Lokalredaktion der 'Westfälischen Rundschau‘ über eigenartige Fahrscheinkontrollen berichtete

-unter anderem sollte eine Kundin 40 Mark zahlen, weil der den Fahrschein ausstellende Beamte einen handschriftlichen Vermerk auf ihrer Monatskarte vergessen hatte - bekam das intime Verhältnis einen Knacks: Die Chefetage der Zeitung erhielt gleichzeitig Beschwerdebriefe des Vorstands und des Betriebsrats der Stadtwerke sowie der Fahrscheinkontrolleure. Es wurde mit Anzeigenboykott und Abonnement-Kündigungen gedroht.

Angesichts dieses „massiven Vorgehens“ sahen Heike Becker -Sander und Dore Bolege-Vieweg, Lokalredakteurinnen der 'Westfälischen Rundschau‘ und Vorstandsmitglieder des Pressevereins, den Zeitpunkt gekommen, einmal grundsätzlich über das Spannungsfeld zwischen Pressefreiheit und Vereinsbequemlichkeit zu diskutieren. Sie riefen den Vorstand zu einer Sondersitzung zusammen, die aber enttäuschend verlief: Die Vorstandskollegen zeigten wenig Verständnis für das Anliegen der beiden Redakteurinnen, das Sponsorentum zu reduzieren. Ohne die Gelder der Stadtwerke und das Freibier der Dortmunder Brauereien sah die Vorstandsmehrheit „das Vereinsleben gefährdet“. Heike Becker -Sander und Dore Bolege-Vieweg legten daraufhin ihre Vorstandsämter nieder - und schalteten den nordrhein -westfälischen Landesvorstand des DJV ein.

Dessen Landesgeschäftsführer Erwin Burgmaier hält das Ausmaß der finanziellen Unterstützung in Dortmund für „ungewöhnlich“ und erklärt etwas ärgerlich, er habe den Presseverein Ruhr schon mehrmals aufgefordert, seine Einladungen von der Landesgeschäftsstelle statt von den Stadtwerken verschicken zu lassen. Der DJV-Landesvorstand hat den Ortsverband in der Provinz jetzt aufgefordert, gegen den „unzulässigen Eingriff der Stadtwerke in die freie Berichterstattung“ zu protestieren. Daran könne man testen, hofft Erwin Burgmaier, ob das städtische Unternehmen seine Gelder von einer Hofberichterstattung abhängig mache.

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