: FU-Skandinavisten: Turner? Nej tak!
■ Bei der Einsparung einer Stelle für Landeskunde griffder Senator gegenüber dänischem Gesandten zur Unwahrheit
Drei Jahre kämpften die Studierenden und Lehrer des kleinen FU-Faches Skandinavistik für die Besetzung einer Akademischen Ratsstelle für die Landeskunde Skandinaviens (vgl. taz vom 9.7.87). Nach einem Kuratoriumsbeschluß vom 21.November '88 ist sie endgültig von Turner für andere Zwecke freigegeben worden. Wegen der zum Teil erst jetzt sichtbar gewordenen Streichungsenergie des Wissenschaftssenators in diesem Fall verdient das Schicksal dieser Stelle, noch einmal erzählt zu werden.
Im Herbst 1985 beschloß das FU-Kuratorium unter Zustimmung der Senatsvertreter die Stelle „eines Akademischen Rates für die Landeskunde Skandinaviens“. Unter der Nummer 046572 wurde sie in den Haushaltsplan übernommen. Als sie aber kurz darauf in der 'Zeit‘ ausgeschrieben stand, intervenierte Turner. Erst geben, dann nehmen - einen „ziemlich ungewöhnlichen Vorgang“, nannte das der damalige Vizepräsident Hübner. Turner argumentierte, die Landeskunde könne auch von drei Sprachlektoren übernommen werden. Da diese sich aber als Philologen nicht für Vorlesungen über die dänische Energiepolitik verpflichten lassen wollten, war das Berliner Skandinavistik-Modell - Sprache, Literatur plus Landeskunde - gefährdet.
Während Turner den beiden Professoren des Fachs jedes Gespräch über die Stelle verweigerte, wurde der dänische Gesandte in der Stadt, Jens Ege, stellvertretend für alle diplomatischen Vertretungen Skandinaviens, die sich für die Landeskunde-Stelle eingesetzt hatten, Mitte Juli in die Bredtschneider Straße vorgelassen. Der Senator, so berichtete Ege später, habe ihm freundlich versichert, daß er gar nichts gegen diese Stelle einzuwenden habe, wenn sie keine zusätzlichen Kosten verursache. Tut sie ja nicht, denn der Akademische Rat steht ja bereits unwiderruflich im Haushaltsplan, freute man sich daraufhin in der Rostlaube.
Als Ege um einen erneuten Gesprächstermin bat, hatte Turner offenbar genug von dem lästigen Diplomaten und wimmelte ihn mit Datum vom 8.August schriftlich ab. Wie jetzt bekannt wurde, griff er dafür zur bewußten Unwahrheit: Es bleibe dabei, schrieb er, „daß die Universität keine spezielle Stelle zur Verfügung stellen kann“. Die Stelle, die es angeblich nicht gibt, wurde Ende November auf Turners Antrag hin endgültig für andere Zwecke freigegeben.
In einer Vollversammlung am Montag forderten die Skandinavisten die Zurücknahme aller Kuratoriumsbeschlüsse zur Strukturreform der FU. Es dürften nicht nur die spektakulären Fälle wie das LAI oder die Zusammenlegung der Psychologen, sondern auch die Interessen der kleinen Institute berücksichtigt werden.
Gunnar Köhne
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