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Jatz und Dschääs in hohen Dosen

■ Zwei sehr unterschiedliche Großveranstaltungen für Freunde traditioneller Jazzmusik

Mit modernem Jazz sind die Bremer in letzter Zeit gut bedient worden, aber auch diejenigen, denen auch noch der Bebop der Opas Art Blakey oder Lou Donaldson zu modern war, bekommen in den nächsten Tagen gleich zwei größere Konzerte, und interessant ist, daß es auch da ganz unterschiedliche Lager und Attitüden gibt. Jatz oder Dschääs ist die Frage: für die Stammgäste des Jazzfrühschoppens in der Waldbühne das sind die mit der zackig, deutschen Aussprache - gibt es das „Hot Jazz Meeting 89“. „Jazz is not dead, but it smells funny“, sagte Herr Zappa, und hier hat er sicher recht, den der Jatz riecht nach Bier. Diese Schulterklopfmusik wird am Samstag (20 Uhr) in der Stadthalle gespielt: Dixie, Swing, Blues und Boogie von dem unverwüstlichen Herrn mit Melone, Mr Acker Bilk, und seiner Paramount Jazz Band, Axel Zwingenberger und Champion Jack Dupree am Piano, von Münster's „Old Merry Tale Jazzband“, die jetzt auch „frischere Klänge“ im Repertoire haben sollen: so das „moderne Karibikstück“ von Sonny Rollins „St. Thomas“, das der nun aber schon in den frühen 50ern geschrieben hat. Und den „Wiener Blues“ verspricht die Mojo Blues Band aus Österreich. Sozialistische Dixielmucke gibts vom Krakauer Jazz Band Ball Orchestra. Die Jazzbeamten der NDR Bigband, die wie klassische Musiker alles spielen können, was man ihnen aufs Notenpult legt, sind auch dabei, und mit der Swing und Bop-Sängerin Etta Cameron werden sie wohl noch die neuzeitlichste Musik des Abends spielen. Auf jeden Fall wird gefeiert werden - Prost schon mal im voraus - und bei der anschließenden werden sicher die schönsten Lieder nochmal nachgegröhlt.

Dschääs is nun aber n‘ ganz annern Schnack ! Das wird genüßlich ausgesprochen wie Champagner oder Chateaubriand. Das Konzert des Glenn Miller Revival Orchestra und des Pasadena Roof Orchestra (Di., 24.1., in der Glocke) ist dann auch mehr etwas für Feinschmecker. Schon in den letzten zwei Jahren waren beide Bands etwa zur gleichen Zeit in Bremen, und die Konzerte waren gesellschaftliche Ereignisse, bei denen sich das Publikum mächtig in Schale warf. Der Holländer Wil Salden „forschte an den Quellen der Glenn Miller Geschichte“ und versucht, möglichst werktreu die alten Swing Titel des erfolgreichsten weißen Jazzer der 40er Jahre zu präsentieren. „Moonlight Serenade“ „In The Mood“ und das durch Udo Lindenberg's Coverversion wieder erfolgreiche „Chattanooga Choo Choo“ wurde, wenn man den alten Spielfilmen glauben darf, bei den US Soldaten im zweiten Weltkrieg pausenlos über den Feldsender gespielt. Die Deutschen konnte es den Kopf kosten, wenn sie Swing im Feindsender hörten, heute kostet die Eintrittskarte 32 DM. Und dazu gibts noch das Pasadena Roof Orchestra. Die englische Band spielt schon seit 1975 die Musik der 20er und 30er Jahre: Ragtime, Charleston und natürlich Swing satt, und soll frischer, witziger und perfekter spielen als das „Wiederbelebungsorchester“ von Herrn Salden. Aber beide Big -Bands sind Leckerbissen für die Swinggourmands, also: Guten Appetit.

Willy Taub

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