UNiMUT: Erste kleine konkrete Erfolge

■ Kuratorium der Berliner Uni nimmt umstrittene Strukturreform zurück / Zehn Professuren für Frauen und 60 Millionen Mark / In Giessen Rektoratsbesetzung erfolgreich beendet / Ein Semester länger Bafög

Berlin/Giessen (taz) - Die studentischen Streiks bringen die ersten konkreten Ergebnisse - auch wenn die Streikenden sie als „Unverschämtheit“ bewerteten. In Berlin ist die geplante Strukturreform an der FU gestern teilweise wieder rückgängig gemacht worden. Die Delegierten des FU-Kuratoriums beschlossen, die Zusammenlegung des Latein-Amerika-Instituts mit der Romanistik vorerst zu den Akten zu legen. Auch der philosophische Fachbereich soll in seiner Verbindung mit den Sozialwissenschaften weiterbestehen, obwohl geplant war, ihn mit dem geschichtswissenschaftlichen Institut zusammenzulegen.

In einem Jahr, so der FU-Präsident Heckelmann, wolle man sich dann erneut über die Neustrukturierung der Institute beraten. Die Einrichtung einer universitätsweiten Kommission zum Thema Mitbestimmung sei begrüßenswert, bemerkte Heckelmann. Es sei jedoch Angelegenheit des Akademischen Senats, sich für solch ein Gremium zu entscheiden. Auslöser für die Änderungen der Beschlüsse zur Strukturreform war eine Gruppe von FU-Professoren, die angesicht der Streiks an der Universität Lösungsvorschläge erarbeitet hatten. Ein Vertreter der Professorengruppe bezeichnete die Ergebnisse der Kuratoriumssitzung als „ersten Lichtblick an der Streikfront“. Die teilweise Rücknahme der Strukturreform sei ausschließlich dem Streik der StudentInnen zu verdanken. Der Sprecher der Professorengruppe appellierte an den Berliner Senat, jetzt ebenfalls Zugeständnisse zu machen. Die Forderung nach mehr Mitbestimmung in den Hochschulgremien müsse dabei im Zentrum der Diskussion stehen. Die StudentInnen, die an der von Polizei und Wachmannschaften scharf abgesicherten Kuratoriumssitzung teilnahmen, werteten die Teilrücknahmen der Strukturbeschlüsse als „Unverschämtheit“. Sie fordern eine gänzliche Rücknahme. Dies sei Bedingung für jegliche Verhandlungsbereitschaft mit dem Senat und der Universitätsleitung.

Das FU-Kuratorium sprach sich außerdem dafür aus, 60 Millionen Mark zuvor gestrichene Mittel wieder in den Haushalt aufzunehmen, die Streichung von 50 Stellen zurückzunehmen und zum Ausgleich für Arbeitszeitverkürzungen 220 neue Stellen zu schaffen. Das Gremium stimmte ferner dafür, ein Wohnungsbeschaffungsprogramm für Studenten aufzulegen, 30 Promotionsstipendien und zehn Professuren für Frauen zu schaffen.

In Giessen haben gestern die Studentinnen der Fachhochschule nach erfolgreichen Verhandelungen mit der Hochschulleitung die Rektoratsbesetzung ausgesetzt. Rektor Bohlen hatte zuvor zugesichert, daß zu Beginn des nächsten Semesters ein Aktionstag stattfinden soll. Die Bibliothek wird dagegen weiter von StudentInnen rund um die Uhr offengehalten, um mehr Planstellen durchzusetzen. Zudem konnte die Ausgabe von Bafög-Bescheinigungen durchgesetzt werden, in denen die Hochschule bestätigt, daß ein geregelter Studienbetrieb nicht möglich war. Die StudentInnen bekommen dadurch ein Semester länger Bafög. Am Wochenende findet ein bundesweites Treffen von Asten und Streikkomitees in Frankfurt statt. Bislang haben 42 Hochschulen ihre Teilnahme zugesagt. In der Evangelischen Studentengemeinde im Studentenhaus der Goethe-Universität soll in Seminaren über UNiMUT diskutiert werden. Die hessische Landesastenkonferenz hat bereits am Donnerstag in Kassel über weitere Strategien beraten. Die Proteste und Streiks sollen zu Beginn des neuen Semesters weitergehen.

M.B./Chris