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Peinliche Serie-betr.: "Berber-Moulinex", taz vom 7.1.89 und "Amerikaner sind fair", taz vom 21.1.89

betr.: „Berber-Moulinex“, taz vom 7.1.89, und „Amerikaner sind fair“, taz vom 21.1.89

Schon der Bericht von Bernd Müllender („Berber-Moulinex“) zeugte zwar vom Bemühen des Autors, die Folgen eines neuen „Trümmer-Tourismus“ aufzuspüren, jedoch nimmt auch er selbst die Menschen hinter den Dientleistenden nicht ernst: In allgemeines Einvernehmen unterstellender Manier - er selbst ist natürlich „Traveller“, kein Tourist - grenzt er sich durch den Mechanismus der Verachtung vom Massentourismus ab. Nach Art einer „self-fulfilling prophecy“ nimmt er an einer Wüsten-Safari teil, damit seinem Zynismus gegen Einheimische, die über mangelhafte deutsche (!!!) Sprachkenntnisse verfügen, vollends freien Lauf lassend. Sollte mir etwa die Ironie der Zeilen entgangen sein?

Einer ähnlichen Quelle entspringen Norbert Jeschkes USA -Impressionen („Amerikaner sind fair“). Sich selbst in ideologisch einwandfreier Position wissend, bestätigt sich der Autor sein klischiertes Bild von „Amerika“, gemeint sind die Vereinigten Staaten, jene Vorurteile, die er bereits bei seiner Transatlantik-Überquerung im Gepäck hatte. Er empört sich über die Diskriminierung der schwarzen Minderheit durch die weißen US-Amerikaner. Jedoch in einer ähnlich ignoranten Geisteshaltung ist der vorliegende Artikel verfaßt, der Erzähler wertet permanent ihm Fremdes, beschäftigt sich nicht, verschließt den Blick.

Auffällig sind absurde, falsche Verknüpfungen wie beispielsweise folgende Wortspielerei: „Klein sind die Pfeile (Dartpfeile) der Indianer (Navajo) geworden. Jedoch ziehen auch keine Büffel mehr über die Prärie.“ Schon eine oberflächliche Beschäftigung mit der Stammesgeschichte der Navajo sowie mit den geographischen Gegebenheiten New Mexikos und Arizonas hätte ergeben, daß die Navajo als Halbnomaden Schafzucht (ein Teil von ihnen heute noch) und Ackerbau betreiben. Was unterscheidet Jeschkes ethnozentristische Ignoranz von Kolumbus‘ Etikettierung der ältesten Einwohner des amerikanischen Kontinents?

Aus der Lektüre schließe ich, daß der Reisende lediglich 'ungebildeten, oberflächlichen, am Konsum orientierten‘ „Amerikanern“ begegnete - deren andere Mentalität ausschließlich zum Kritikpunkt verkommt. So zum Beispiel werden Einladungen ausschließlich reduziert gedeutet, indem „man sie so ernst nicht nehmen“ darf. Das Bewußtsein, daß 'offene Türen‘ und Gastfreundschaft auch eine Qualität sind, fehlt dem Erzähler.

Wortreich, aber nichtssagend neigt der Autor zu ausladenden Beschreibungen, wobei der Gegenstand der Betrachtung für den Leser vollkommen im dunkeln bleibt. Zitat: „Inmitten der schwach begeisterten Menge taumeln mit Styroporköpfen Mickey Maus und Schweinchen Schlau. Die müssen sich die Ohren unter dem Dämmstoff abschwitzen.“ Selbst im Kontext bleiben diese Zeilen rätselhaft.

Die „Cowboy-Schlafkultur“ nimmt sich offenbar durch „leichte, über Matratzen gespannte Bettwäsche und Art-Deco -Möbel“ aus, lerne ich hier; Ungenauigkeit und dadurch Stigmatisierung dominieren die Gedanken. So zum Beispiel „machen“ nicht „die Navajo die Ausnahme“ auf ein Gesetz, sondern die Kneipen, in denen sie (aber eben nicht nur sie!) verkehren.

Stimmung, ein „on the road feeling“ sollen wohl die vielen, locker eingestreuten amerikanischen Ausdrücke erzeugen. Nur, wenn schon in Originalfassung verwandt, dann wäre vorher eine orthographische Überprüfung zu empfehlen, so daß aus US -amerikanischen Obdachlosen (bums) nicht gleich B-52 -Projektile (bombs) werden - über „Sixerpack“ und „Fivehoundert horsepowers“ sei hinweggesehen.

Schon die unglückliche Verknüpfung der Überschriften ließ nichts Gutes ahnen und spiegelt in etwa das Niveau, auf dem der gesamte Artikel sich bewegt. „Amerika-Notizen“ eben

-fehlerhaft, unreflektiert, in jeder Hinsicht erheblicher Korrekturen bedürftig.

Gunda Schwantje, Berlin

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