Wuschelstola für ABM-Erhalt

■ Gelungene Halbzeit der Lagerhaus Aktionswoche

Wenn es im Lagerhaus für einen halben Zehnmarkschein jede Woche so viel zu sehen und zu hören gäbe, könnte dies zu einer fatalen Kultursucht des Publikums führen. Drei Tage volles Programm und kein bißchen müde.

Im gut gefüllten Cafe im Erdgeschoß zogen zunächst Der goldene Robert und die erste Geiger alle Sympathien auf sich. Launige Moderationen, eine audruckstarke Stimme der Dame mit der Wuschelstola in Pink, und instrumentale Minimalartistik des langnasigen Herrn erreichten ihren unbestreitbaren Höhepunkt bei einer brüllend komischen Version des Klassikers „Fever“. Mindestens so chaotisch wie weiland die Muppets-Band mit ihrem alles zerstörenden Drummer übernahm hier der kleine Synthesizer die Funktion des wild um sich tönenden 'melodicus interruptus‘. Mit der Faust entlockte der goldene Robert seinem Gerät die wundervollsten Klänge, seine Begleiterin staunte und sang.

Eine Etage höher war es den Scraps vorbehalten, Bremer Rocktöne unters Volk zu mischen. Die fünf Frauen mit Unterstützung des Gitarreros Clive ha ben sich ohne Frage weiterentwickelt. Neben tanzbaren Arrangements wechselten sich schräge Gitarrenläufe und gar a capella Vorträge ab. Neben Eva Szabos vorzüglicher Stimme und dem schelmischen Saxophonspiel von Gisela Leiter verstehen es die sechs, dem Partycharakter ihrer Musik weitere kollektive Impulse zu geben. Nächtlicher Abschluß der Leistungsschau Bremer Bands an diesem Abend bedeutete erst einmal völlige Dunkelheit. Der Getränkeverkauf wurde für kurze Zeit wegen schlechter Sichtverhältnisse eingestellt, und düstere Klänge durchdrangen den Raum. The Dry Halleys sorgten mit lauten und heftigen Tönen für Spannung. Bei ihnen wird die überregionale Beachtung nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dabei ist Lobhudelei nicht einmal angebracht. Technische Probleme in der Abmischung trübten den Eindruck in der Anfangsphase, doch die künstlerische Substanz verlor sich dadurch nicht. Das Quartett überzeugte durch eine gelungene Fusion von Rockmusik und Avant Garde. Das Ende war gleichsam der Anfang. Völlige Dunkelheit lag über der Szenerie, markerschütternde Schrilltöne und Bunkgersirenen marterten das Ohr.

Lobsang Samten