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Streit um REP innerhalb der Jungen Union

■ Interview mit Christian Goiny (23) und Uwe Gramsch (28), Vertreter des Reformflügels der Jungen Union, zu den Äußerungen des Vize-Chefs der Jungen Union Thorsten Thaler über die „Republikaner“ / „Es darf jetzt keinen Rechtsruck geben“

taz: Der stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Union Thorsten Thaler hat sich gestern für die „Republikaner“ starkgemacht. Die Medien hätte eine Verleumdungskampagne inszeniert, gegen die REP wäre eine „üble Hetzkampagne“ losgetreten worden. Ist diese Haltung, die sich zudem um eine inhaltliche Qualifizierung der REP drückt, symptomatisch für die Junge Union?

Christian Goiny: Sicherlich nicht. Ich halte Thalers Aüßerung für falsch und skandalös. Es ist völlig unmöglich und instinktlos, in einer Situation wie jetzt, wo schwierige Gespräche der Parteien zur Regierungsbildung stattfinden, dem Regierenden Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen durch so eine Äußerung in den Rücken zu fallen. Das sollte für Thorsten Thaler Anlaß sein, darüber nachzudenken, ob er in seinem Amt im Landesvorstand nicht überfordert ist. Bei solchen politischen Kurzschlußreaktionen sollte er lieber zurücktreten.

War das Ihrer Einschätzung nach eine gezielte Aktion, um die beginnenden Gespräche zwischen SPD und CDU zu torpedieren?

Goiny: Ich glaube gar nicht, daß Thaler soweit gedacht hat. Das ist ja das Schlimme daran... Ich halte es für völlig falsch zu versuchen, die „Republikaner“ als Partei jetzt hoffähig machen zu wollen. Es muß darum gehen, das Wählerspektrum, das die REP gewählt hat, für die CDU zurückzugewinnen und die „Republikaner“ aus dem Parlament rauszukriegen. Jedes Gesprächsangebot scheidet deshalb auf Dauer aus.

Uwe Gramsch: Das wäre auch nicht klug. Die Themen, weswegen die „Republikaner“ gewählt wurden, werden ja auch von der CDU abgedeckt. Man kann ja nicht behaupten, daß die CDU eine linke Sicherheits- und Ordnungspolitik gemacht hätten. Sie hat ohne weiteres das gemacht, was die Wähler der „Republikaner“ von den „Republikanern“ erwarten würden. Daß hätte pointierter ausgedrückt werden müssen, anscheinend ist das im Wahlkampf nicht rübergekommen.

Goiny: Kurzum: Es gibt für das Konzept der Berliner CDU, diese Stadt als Metropole zu sehen und deshalb breite Wählerschichten anzusprechen, auch nach diesem Wahlergebnis keine Alternative.

Gramsch: Also ganz klar: Es darf jetzt keinen Rechtsruck geben.

Es sieht aber ganz danach aus. Der innerparteiliche Marktwert von Heinrich Lummer ist seit letztem Sonntag deutlich gestiegen. Er sitzt sogar in der Verhandlungskommission der CDU. Springen die Reformer in der Berliner CDU jetzt endgültig über die Klinge?

Goiny: Es kann natürlich bei der Vergabe von Stadtratsposten einzelne Auseinandersetzungen geben. Aber die CDU hat auf dem rechten Rand Wähler verloren, nicht auf dem linken. Deshalb ist es Aufgabe der Leute, die den rechten Rand der CDU vertreten, zu überlegen, wie man die richtigen Aussagen wieder besser an die rechte Wählerschaft verkaufen kann. Es besteht also keine Veranlassung, auf den linken politischen Rand der CDU einzuprügeln und zu sagen: Ihr seid schuld. Da wurden die Wähler ja gehalten.

Die CDU wird jetzt in einen internen Diskussionsprozeß eintreten, um Konsequenzen aus dem Wahlergebnis, speziell dem Abschneiden der „Republikaner“, zu ziehen. Kann sie das besser in der Opposition oder in einer großen Koalition?

Goiny: Eine große Koalition birgt natürlich die Gefahr einer Radikalisierung an den politischen Rändern. Trotzdem war das Angebot von Eberhard Diepgen im Interesse der Stadt richtig. Man muß jetzt eine Politik machen, die auf Integration setzt. Ein rot-grünes Bündnis würde wahrscheinlich zu einer Polarisierung in der Bevölkerung führen, was die „Republikaner“ stärken würde.

Eine große Koalition würde doch zu erheblichem Unmut bei den Konservativen in der CDU führen.

Gramsch: Wenn der rechte Rand die Wahl hat zwischen großer Koalition und Rot-Grün, wird er wohl zähneknirschend ein CDU -SPD-Bündnis akzeptieren müssen. Das wäre ihren Vorstellungen immer noch näher. Es gibt eben keine glückliche Lösung zur Zeit.

Interview: ccm

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