: Polizei fühlt sich „beklemmt“
■ Polizeipräsident Schertz zu „Republikaner„-Anhängerschaft bei der Polizei: „Beklemmende Situation“ / Ausbildung junger Polizisten aber ausreichend
Das Ergebnis der Wahl habe auch bei der Polizei Unruhe und Betroffenheit ausgelöst, erklärte gestern Polizeipräsident Schertz, trat damit die Flucht nach vorn an. Im Zusammenhang mit dem „Republikaner„-Wahlerfolg war in den letzten Tagen verstärkt darüber berichtet worden, daß nicht nur der Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Polizeibeamter ist und damit Wahlwerbung betrieben hatte, sondern auch, daß das Wählerpotential der REP „weit überproportional“ bei den Ordnungshütern vertreten ist. Daß die Polizei durch diesen Umstand wieder ins Gerede gekommen war, bezeichnete Schertz gestern als „beklemmend“. Schuldzuweisungen an die Polizei wies er jedoch strikt zurück. Das Wahlergebnis, betonte Schertz, bringe für die Polizei in zweifacher Hinsicht besondere Probleme. Zum einen sei zu befürchten, „daß Extremisten auf beiden Seiten“ die Situation nutzten, „um Gewalt in die Stadt zu tragen“. Für die Polizei bedeute das eine „große Herausforderung“. Daß viele Polizeiangehörige und ganze Polizeieinheiten geschlossen rechtsradikal gewählt hätten, sei zwar „weder beweisbar noch widerlegbar“, erschwere aber die Situation. Daß es zahlreiche REP -Sympathisanten dennoch bei der Polizei gibt, wollte der Polizeipräsident allerdings nicht ausschließen. Die überzogene und häufig ungerechte Presseschelte an Polizeiangehörigen in der Vergangenheit habe für viele einen „gesellschaftlichen Frust“ bedeutet, so daß sie möglicherweise „dieser Gefühlslage“ erlegen seien und „Republikaner“ gewählt hätten. In diesem Zusammenhang richtete Schertz scharfe Angriffe gegen den Deutschen Presserat, der die massive Behinderung von Journalisten während der IWF-Tagung verurteilt hatte. In einigen Formulierungen, insbesondere bei der Verwendung des Begriffes „Polizeikessel“, lasse der Presserat „das Bemühen um Objektivität vermissen“. Als unstatthaft kritisierte Schertz auch, daß der Presserat den Vergleich zwischen polizeilichem Vorgehen und „SA-Manieren“ durchgehen ließ.
Der Leiter der Ausbildungsabteilung der Polizei, König, berichtete von umfangreichen Bildungsmaßnahmen, in denen vor allem der Faschismus behandelt wird. Die Maßnahmen einschließlich der regelmäßigen Fahrten in ehemalige KZs habe selbst der Jugendverband Karl-Liebknecht als „gut“ bezeichnet. Die geforderte Verstärkung dieses Unterrichts sei jedoch kein Allheilmittel. Die Unzufriedenheit vieler Polizisten sei auf die Arbeitsbelastung während der zwei Jubeljahre zurückzuführen.
bim
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen