: Oberthema Gentechnologie
■ 7. Bremer Frauenwoche vom 13. - 17. März mit straffer Struktur / Veranstaltungen werden sich diesmal ausschließlich mit Gen-und Reprotechniken befassen
Gewöhnlich finden Bremer Frauenwochen im September statt, und gewöhnlich sind Bremer Frauenwochen allen Leitthemen zum Trotz ein Sammelsurium: vom Astrologie- über den Fotokurs bis hin zum Austausch zwischen Müttern und Nicht-Müttern oder dem feministischen Referat über Arbeitsschutz in Mittelbetrieben. Nicht so die 7. Bremer Frauenwoche. Die kommt nach eineinhalb Jahren selbstbesinnlicher Pause im März daher und zwar vom 13. - 17. und - sie hat Struktur.
Fast alle Veranstaltungen, die nichts mit dem Oberthema „Gen-und Reproduktionstechnologie“ zu tun haben, finden diesmal einfach nicht statt. Oder anders gesagt: Diese Frauenwoche ist so entrümpelt wie nie zuvor. Astrologie, Spiritualistik, Therapeutisches, Matriarchatskulte und fernöstliche Entspannungstechniken sind unerbittlich verbannt. Mit einer Ausnahme: Frau kann Entspannendes auf Wolldecken in genau berechneten Dosen genießen, frühmorgens und frühnachmittags, damit sie mit körperlichem Wohlbehagen in die Gen-und Reprodebatten einsteigen kann.
Aber mehr wird sich auf den Wolldecken in diesem Jahr nicht abspielen. Brigitte Scherer, eine der fünf Organisatorinnen: „Körper-und Yogageschichten laufen das ganze Jahr über in der Stadt, zugänglich für alle Frauen, das braucht man auf der Frauenwoche nicht anzubieten.“ Zu ihrer Verwunderung hätten die einschlägigen Referentinnen diese Entscheidung fast alle kritiklos akzeptiert.
Zur klaren Struktur gehört
weiterhin: Jeder der fünf Frauen-Wochen-Tage steht unter einem eigenen Untermotto und jeder Tag läuft nach einem einheitlichen Schema: Morgens jeweils eine zentrale Eröffnungs-Veranstaltung, um die Fragestellungen des Tages anzureißen. Abends als Pendant dazu ebenfalls eine zentrale Veranstaltung, auf der die am Tag in zahlreichen Paralleldebatten gesponnenen Diskussions-Fäden wieder zusammengeführt werden.
Das von ihr mitbestimmte Oberthema „Gen-und Reproduktionstechnologien“ ist für Brigitte Scherer „vieldiskutiert, vielschichtig, aktuell und brisant“. Sie will diese Brisanz auch den Frauen deutlich machen, die sich bisher noch nicht so intensiv mit dem Thema beschäftigt haben: „Bisher ist die technologische Entwicklung unseren Debatten immer wieder naselang voraus. Während wir uns noch mit der Fruchtwasseruntersuchung befassen, sind die Wissenschaftler schon bei der Chorionbiopie, die in einem viel früheren Stadium der Schwangerschaft anwendbar ist.“
Der erste Tag soll sich um „Wissenschaftskritik“ und „Naturbeherrschung“ drehen. Mindestens drei namhafte Referentinnen haben sich angemeldet: Barbara Sichtermann („Die Angst der Frauenbewegung vor der Biologie“), Claudia Gehrke („Konkursbuch“) und die 70jährige emeritierte Naturwissenschafts-Professorin Gerda Freise.
Der 2. Tag ist überschrieben: „Der weibliche Körper zwischen Enteignung und (Wieder-)Aneignung“. Frauen können sich austauschen über ihr Verhältnis zum
Körper, ihre Gesundheit, ihren Kinderwunsch, ihre Angst vor einem behinderten Kind oder über die Frage: „Sind Frauen per se das kranke Geschlecht?“ Hebammen und Ärztinnen wollen Alternativen zur pränatalen Diagnostik aufzeigen und das Genarchiv Essen will informieren zum Thema „Krank am Gen“.
Am 3. Tag ist die Debatte über weibliche „Selbstbestimmung als Befreiung oder Egotrip“ angesetzt. Es soll um die Frage gehen: Hat sich die Forderung nach Selbstbestimmung für Feministinnen erledigt, seitdem Frauen nicht nur das Recht auf Abtreibung („Mein Bauch gehört mir“), sondern auch das Recht auf das eigene Retortenbaby mit dem Wunsch nach „Selbstbestimmung“ begründen? An diesem Tag soll auch die Debatte um die pränatale Diagnostik aufgegriffen werden: Gehört der Wunsch nach einem gesunden Kind zur weiblichen „Selbstbestimmung“?
Am 4. Tag werden sich die Veranstaltungen um Gentechnik, um „Bevölkerungspolitik und internationale Kapitalinteressen“ drehen. Und der abschließende Freitag ist überschrieben mit „Widerstand und Perspektiven“. Themen werden sein der Prozeß gegen Ingrid Strobl, die parlamentarischen Einflußmöglichkeiten von Frauen und die Möglichkeiten, unterhalb der Ebene von Kongresssen und Parteitagen weiblichen Widerstand zu üben. Zudem wollen Bremer Hebammen und Geburtsvorbereiterinnen ihr Konzept für ein „Autonomes Geburtshaus“ vorstellen. Und nach dem Abschlußplenum spielen „Mixed up“ zur Riesenfete auf.
Wer das Programm im einzelnen studieren will, muß noch bis zum 15. Februar warten, ab dann ist es im Handel. Am 13.3. geht's morgens mit einer zentralen Einführung los. Ohne Wolldecke, aber mit Struktur - und mit Kabarett.
Barbara Debus
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