: Knatsch zwischen CDU und SPD
■ Walter Momper und Eberhard Diepgen werfen sich gegenseitig mangelnden Verhandlungswillen vor
Einen schriftlichen Schlagabtausch lieferten sich am Wochenende die beiden größten Berliner Parteien. Beide Parteien suchen offenbar nach Möglichkeiten, die bei der jeweiligen Basis unerwünschte „Elefantenhochzeit“ zu vermeiden, ohne das Gesicht zu verlieren. SPD und CDU warfen sich gegenseitig vor, nicht ernsthaft an Verhandlungen über einen neuen Senat interessiert zu sein. Walter Momper, der gerne Regierungsschef werden möchte, erklärte, die Aussagen des Noch-Regierungschefs Eberhard Diepgen zu einer möglichen Koalition seien nicht präzise genug. Ihm fehle die klare Aussage über die Haltung der CDU zu einer „neuen Politik für Berlin“. In einem Brief an Diepgen vermutete Momper, die Verhandlungen seien für die CDU nur eine „Taktik, um im Amt zu bleiben“. Momper bezog sich auch auf die öffentlichen Äußerungen von Heinrich Lummer und Hanna-Renate Laurien, die der CDU abgeraten hatten, mit der SPD zu koalieren. Durch solche öffentlichen Stellungnahmen, schimpfte Momper, könnten weitere Gespräche „bald überflüssig werden“. Sowohl Heinrich Lummer als auch Hanna-Renate Laurien gehören zu der Verhandlungskommission der CDU.
Diepgen antwortete mit einer Presseerklärung, in der er seinem Herausforderer den Vorwurf zurückgab. Walter Momper solle lieber präzise Vorstellungen zur Stadtpolitik formulieren statt zu polemisieren, schrieb Diepgen. Auch Diepgen glaubt nicht an die Ernsthaftigkeit des Verhandlungswillens seines Gegenübers. Er zweifelt, daß der SPD „an einem Ausloten der Chancen für eine Zusammenarbeit im Interesse Berlins überhaupt gelegen“ sei.
Der öffentlich ausgetragene Streit ist ein weiteres Indiz dafür, daß längst die Weichen in Richtung Rot-Grün gestellt sind. Die Verhandlungen zwischen SPD und AL gehen morgen weiter; CDU und SPD setzen sich erst am Freitag wieder an den Verhandlungstisch.
Polemik um Arbeitsplätze
Der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff sieht durch das Berliner Wahlergebnis das wirtschaftliche Wachstum der Stadt gefährdet. Lambsdorff behauptete in einem Rundfunkinterview, in Berlin würden in nächster Zeit die Arbeitsplätze knapp. Seit einer Woche würden Investitionen gekürzt und gestrichen. Die derzeitige „politische Landschaft“ lade nicht zu Investitionen ein.
Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Peter Mitzscherling bezichtigte Eberhard Diepgen und Graf Lambsdorff der Panikmache. Er kündigte an, daß ein sozialdemokratisch geführter Senat die Industrieansiedlungspolitik fortführen werde.
RiHe
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