Schwarzarbeit aufgeflogen

■ Kripo durchsuchte zwei Firmen, die gemeinsam gutes Geld an weiblicher Schwarzarbeit verdient haben / Mitgesellschafter Wilhelmi ist ehrenamtlicher Richter / Datenweitergabe an Sexhändler?

Mit einem Überraschungs-Coup rückte gestern die Bremer Kriminalpolizei, Wirtschaftskommissariat, einer Bremer Firma auf die Bude. Und sie wurde fündig und beschlagnahmte „umfangreiche Sachbeweise und belastende Unterlagen“. Schon seit einem Jahr ermittelt die Kripo gegen mehrere Firmen, die gutes Geld mit gewerblicher Datenerfassung und mit der Ausbeutung ihrer (weiblichen) Angestellten verdienen. Bei den Firmen „Bremer Büro-und Datenservice GmbH“ und „Hansa Datenservice GmbH“, beide in der Bremer Innenstadt

unter einem Dach vereint beim Handelsmuseum 4, sollen im großen Stil skandalöse Arbeitsbedingungen, Steuerhinterziehung und illegale Beschäftigung tägliche Praxis gewesen sein. Der Radio-Bremen-Journalist Harald-Gerd Brandt hatte seinerseits recherchiert und in seinem Radio -Bericht dem trockenen Polizei-Protokoll Farbe gegeben: 25 Datenerfasserinnen säßen in einem 50-qm-Büro an ihren Bildschirmen, also mit 2 Quadratmetern pro Frau, Schreibtisch und Computer. In 12 Stunden pro Tag tippten sie ohne Pause und in großem

Lärm Daten in die Geräte. Ihr Verdienst, so Brandt, liege zwischen drei und sieben Mark pro Stunde. Dabei galt Akkord: Bezahlt wurde nur für die tatsächlich getippte Zeit. Unterschreiben mußten die Frauen aber Blanko -Verdienstbescheinigungen, für nachträgliche Eintragungen.

Die Kripo hat mit der Durchsuchungs-Aktion den Verdacht der illegalen Beschäftigung erhärtet. Sie glaubt beweisen zu können, daß Arbeitslose und Sozialhilfe-EmpfängerInnen in den beiden Firmen ebenso zum Daten-Tippen eingesetzt wurden wie Aus

hilfskräfte, die derweil in anderen Firmen krankgeschrieben waren oder zusätzlich am Wochenende kamen. Lohnsteuern und Krankenkassenbeiträge wurden nicht oder unzureichend abgeführt. ArbeitnehmerInnen wurden zum Schein entlassen, dann aber unter falschem Namen und mit gekürztem Gehalt weiterbeschäftigt. Auf Lohnlisten und Scheinabrechnungen standen Phantasienamen. Die Kripo schätzt den Schaden auf rund 100.000 Mark.

Zwei pikante Details hatte Brandt in seiner Sendung nicht unerwähnt gelassen: Der langjährige Geschäftsführer (1978 -1984) und jetzige Anteilseigner und Mitgesellschafter, Norbert Wilhelmi, ist ehrenamtlicher Richter in Bremen. Und: „Bereits vor einem Jahr ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Hansa Datenservice; die Geschäftsführer standen damals im Verdacht, vertrauliche Wirtschaftsdaten an Sex-Artikel -Händler weitergegeben zu haben, namentlich an 'Beate Uhse‘ und an 'Orion-Sex‘. Ob bei der Durchsuchung dieser Verdacht erhärtet wurde, teilte die Kripo

nicht mit.“

Auf diese beiden Enthüllungen reagierte Wilhelmi mit fassungsloser Empörung und fragte sich gegenüber der taz, „ob die Presse soviel Freiheit haben darf, private Personen und Existenzen so anzugreifen!“ Das prüfen jetzt seine Anwälte. Zu den Vorwürfen selbst hatte Wilhelmi nur einen Vergleich parat: „Wenn Sie 55 Mark geschenkt kriegen und davon 5 Mark nicht versteuern, sind Sie auch ein Betrüger!“ Und jedenfalls „im vollen Umfang“ seien die Anschuldigungen nicht zu halten, da läßt er den Ausdruck „menschliche Schwäche“ einfließen. Sorgen bereiten ihm offenbar weniger Steuerhinterziehung und illegale Beschäftigung als der „unnötige Rufmord“ wegen der Sex-Geschichte: „Was glauben Sie, wenn die eigene Mutter erfährt, daß der Sohn so einen Betrieb führt?!“ Zu den ergänzenden Recherchen des Journalisten Brandt gab die Polizei nur einen Kommentar ab: „Wir selbst müssen uns neutraler ausdrücken. Aber wir können nicht nein sagen, wenn ja wahr ist!“ Susanne Paa