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Standbild: Gelati, Cortina, Dolomiti

■ Von der Liebe zu einer eiskalten Sache

(Von der Liebe zu einer eiskalten Sache, Hessen 3, 6.2., 22.30 Uhr) Die Eisdielen, plötzlich waren sie da und mit ihnen die ItalienerInnen, mitten in den fünfziger Jahren. Und waren ein wahrer Segen in den Kleinstädten, in denen an ihre Nachfolger, die Milchbars, an Partykeller, gar Diskos, Szenekneipen und Jugendzentren, noch nicht zu denken war. Diese Eisdielen waren die ersten Fluchtpunkte aus Elternhaus und Muff in der Nachkriegszeit mit ihren glatten marmornen Fußböden, den kleinen Kaffeehaustischen und der Musikbox unter den großen Topfpalmen. Mädchen konnten sie alleine aufsuchen, die Jungen kicherten am Nebentisch. Das klang nur ein ganz klein wenig an in dem Filmchen von Wolfgang Jung und Barbarah Lindemann.

Die Eisdiele Lazzaris, 1959 vom Schwiegersohn übernommen, gibt es in der Limburger Innenstadt schon seit 1951. Sie war, erinnert sich eine Kundin, für sie „wie heute die Disko“: „Für 50 Pfennig bekam man drei Bällchen und eine Musikplatte.“ Und die Bällchen waren köstlich, nicht zu vergleichen mit dem wäßrigen Pamps, den die Bäckerei oder der radelnde Eismann im Sommer vertrieben. Nur meine Großmutter wollte das nicht begreifen, sie bestellte statt der sahnigen Cassata unbeirrt das Fürst Pückler ihrer eigenen Jugendzeit.

Woher die Gelatieri kamen, zeigt der Film, der die Limburger Familie Lazzaris exotischer macht, als sie eigentlich ist, nur ansatzweise. Die Dörfer in den Dolomiten, in denen die Eismachertradition zu Hause ist, sind auch für vier Monate im Jahr Ziel der Lazzaris, dort überwintern sie. Da treffen sich die Gelatieri und denken über ihr Leben nach. Es klingt an, daß sie aus wirtschaftlicher Not nach Norden gingen, auch, daß ihnen gar nichts anderes übrig blieb, als Eismacher zu werden, auch wenn sie gern etwas anderes getan hätten. „Aber ehrlich“, sagt einer, „wenn wir schon Eis machen, dann machen wir das beste!“ Zitroneneis ist am empfindlichsten. Die Tochter ist traurig. Sie lernt das Eismachen an einer Schule, in der die duftigsten, buntesten Kreationen gezeigt werden. Aber: in der Hochsaison im Sommer in Deutschland „machen wir lieber schnell zehn Amaretto-Becher“ als solche Kunstwerke. Das entscheidet der Papa.

Heide Platen

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