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Abschiebungen mit dubiosen Pässen

Berliner Ausländerbehörde bedient sich zweifelhafter Pässe/ Blankoausweise von Libanons Expräsident?  ■  Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Ohne Wissen der zuständigen libanesischen Botschaft in Bonn hat sich die Berliner Ausländerbehörde einige hundert Pässe besorgt, um libanesische Flüchtlinge in ihre Heimat abschieben zu können. Unter dem Code „Liste G“ wurden dabei auch Reisedokumente für Flüchtlinge beschafft, denen die libanesischen Behörden zur selben Zeit einen Paß und eine Wiedereinreise ausdrücklich verweigert hatten. Auf welchen rätselhaften Wegen die Pässe in die Berliner Ausländerbehörde gelangten, ist ungeklärt.

Alle diese Ausweise wurden an ein und demselben Datum, dem 4. Juli 1988, ausgestellt. Als Ausstellungsort ist Beirut vermerkt. Doch gegenüber den in Beirut ausgestellten Pässen weisen die „Berliner“ Papiere einige wichtige Abweichungen auf. In einem Fall lag das angeblich im 3.000 Kilometer entfernten Beirut ausgefertigte Papier schon einen Tag nach seiner Ausfertigung bei der Ausländerbehörde in der Mauerstadt vor. Berliner AnwältInnen erheben daher den Verdacht, daß das Kürzel „G“ der ominösen Liste für den ehemaligen libanesischen Staatspräsidenten Gemayel steht.

Gemayel, so der durch mehrere Indizien gestützte Vorwurf, habe dem Berliner Innensenat Blankopässe verschafft, in die die Abschiebebehörde nur noch Namen, Foto und Stempel einsetzen mußte. Das stelle nicht nur eine Verletzung der Paßhoheit dar, sondern auch eine erhebliche Gefährdung ihrer Mandanten bei einer erzwungenen Rückkehr in den Libanon.

Der Berliner Innensenat bestreitet diesen Verdacht vehement. „Kein Berliner Beamter hat Hand angelegt“ an diesen Ausweisen, so lautet das amtliche Dementi. Auf welch geheimnisvollen Wegen die Pässe nach Berlin gelangten, will man jedoch auch nicht verraten. In den Ausländerakten findet sich keinerlei Hinweis über Herkunft und Zustandekommen dieser dubiosen Dokumente. Tagesthema Seite 3

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