: CDU kämpft um große Koalition
Nach der zweiten Verhandlungsrunde zwischen Berliner SPD und CDU ist nach wie vor alles offen ■ Aus Berlin Brigitte Fehrle
Auch nach der zweiten Gesprächsrunde zwischen den Berliner Sozialdemokraten und der CDU ist noch offen, ob es zu einer großen Koalition oder zu einem rot-grünen Bündnis kommt. Doch die CDU kämpft um die Macht.
Nach Ansicht des SPD-Chefs Walter Momper ist zum gegenwärtigen Zeitupunkt die „innere Rechtfertigung“ für eine große Koalition nicht gegeben. Momper gestern wörtlich: „Es reicht nicht, eine bisher als erfolgreich definierte Politik mit ein paar neuen Akzenten zu versehen“. Der CDU -Verhandlungsführer Eberhard Diepgen wollte keine Einzelheiten nennen, bezeichnete das Gespräch aber als „sachlich und dem Thema angemessen“. Beide Parteien bescheinigten sich gegenseitig „Ernsthaftigkeit in den Verhandlungen“.
Die CDU wirbt um die SPD, will eine große Koalition zumindest auf Zeit. Gestern hat Eberhard Diepgen den Sozialdemokraten einen fetten Köder ausgelegt. Die Christdemokraten hätten angedeutet, sich in Bonn für eine Lösung in der Mietenfrage einzusetzen, die dann auch für andere Ballungsräume gelten könne. Er wolle aber mehr als „ein bißchen mehr Kontrolle“ gegen steigende Mieten.
Erst im letzten Jahr wurde in Berlin die Mietpreisbindung für Altbauwohnungen aufgehoben - gegen den erbitterten Widerstand der Sozialdemokraten. Für ein neues Landesmietengesetz, wie es die SPD jetzt fordert, braucht der Berliner Senat die Ermächtigung des Bundes. Walter Momper weiß, daß er die in einer Koalition mit der CDU in Bonn leichter durchsetzen kann als in einem rot-grünen Bündnis.
In der Wirtschaftspolitik, die neben den Mieten gestern Thema war, habe es „keine Meinungsverschiedenheiten“ gegeben, sagte Diepgen. Er habe deutlich gemacht, daß die Kontinuität in der Berlinförderung das entscheidende Instrument für die Stabilität in der Stadt sei. Diepgen betonte dies im Hinblick Fortsetzung auf Seite 2
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auf die vorschnellen Äußerungen eines AL -Delegationsmitglieds. Die AL hatte nach dem zweiten Gespräch mit der SPD bereits die Forderung nach Änderung der Berlinförderung erhoben. Das hatte einen Sturm der Empörung bei Wirtschaft und Gewerkschaften ausgelöst.
Walter Momper war in der Bewertung des Gesprächs mit der CDU zurückhaltender als seine Verhandlungspartner. Die SPD wolle eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die es erst meint mit der Verminderung der Arbeitslosen, sagte er. Ein Schwenk zu einer anderen Politik, wie ihn die Wähler am 29.Januar gewollt hätten, könne er bislang bei der CDU
nicht erkennen. Er halte das Hauptmotiv der CDU für eine Zusammenarbeit mit der SPD - nämlich Rot-Grün zu verhindern
-für nicht ausreichend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Beide Parteien wollen weiter verhandeln. Momper sagte gestern noch einmal, er wolle ein stabiles Bündnis. Dabei ist nach wie vor eine große Koalition oder die Tolerierung eines SPD-Minderheitssenats möglich.
Mit den Themen Gesundheits- und Sozialpolitik werden die beiden Parteien am nächsten Donnerstag ihre Gespräche fortsetzen. Wenn die Alternative Liste heute Grünes Licht gibt, beginnt die SPD ihre förmlichen Verhandlungen über eine Regierungsbildung mit der AL bereits am Montag abend.
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