: CDU-Attacken gegen rot-grüne Politik
■ Nach der AL-MVV deutliche Attacken gegen Rot-Grün / SPD: Keine Zeit für Demagogie / Bundesgrüne wollen Koalitionskurs der AL nicht „voll unterstützen“
Kaum hat die AL ernsthafte Koalitionsverhandlungen mit der SPD beschlossen, beginnen die ersten deutlichen Attacken gegen eine mögliche rot-grüne Stadtpolitik. „US-Präsident Bush über Lage in Berlin besorgt“, titelte gestern die „Berliner Morgenpost“ als Reaktion auf die Mitgliedervollversammlung der AL. Kanzleramtsminister Wolfgang Schäuble erklärte in einem Interview der Springer -Zeitung, daß die Amerikaner „mit erheblicher Sorge“ die Möglichkeit einer rot-grünen Koalition verfolgten.
„Hauptsorge“ sei, daß die wirtschaftliche Stärkung Berlins und der neue Optimismus, der Anfang der 80er Jahre unter den CDU-Bürgermeistern von Weizsäcker und Diepgen einsetzte, gefährdet werden könne. Sturmsignale gegen Rot-Grün kamen gestern auch von der Bonner CDU. Daß die Sozialdemokraten mit der „linksradikalen Chaotenpartei“ AL überhaupt Regierungsverhandlungen führten, sei der „eigentliche politische Skandal nach den Berliner Wahlen“, erklärte CDU -Generalsekretär Geißler. „Gegen Rechtsradikale demonstrieren und mit Linksradikalen paktieren“, scheine Linie der SPD zu werden. Solche Großmäuligkeit wies SPD -Vorstandssprecher Heussen zurück und hielt Geißler entgegen: „Wer von den eigenen Parteifreunden für den Wahlschlamassel in Berlin mitverantwortlich gemacht wird, sollte erst einmal kleine Brötchen backen“. Geißlers demagogische Fähigkeiten seien derzeit nicht gefragt. Gegenüber der taz sprach sich auch SPD -Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs gegen Rot-Grüne Chaos -Malerei aus und plädierte dafür, die Berliner Vorgänge „auf ein Normalmaß zu reduzieren“: „Koalitionen gibt es in vielen Ländern und Städten, selbst zwischen CDU und GRÜNEN. Deshalb sind die Parteien gut beraten, keine Buhmänner aufzuziehen“. Frau Fuchs, die dem rechten SPD-Spektrum zugerechnet wird, sagte weiter, die AL müsse jetzt beweisen, ob sie Regierungsverantwortung übernehmen könne. Der Ausgang der Koalitionsgespräche zwischen AL und SPD wird nach Ansicht der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Hertha Däubler-Gmelin wichtige Hinweise darüber geben, ob eine rot-grüne Zusammenarbeit auch im Bund möglich ist. Die AL und die übrigen Landesverbände müßten zeigen, „ob sie Mut haben, über ihren Sponti-Schatten zu springen, und sich auf parlamentarische Politikfähigkeit einzulassen“, erklärte Däubler-Gmelin in einem Interview der „Berliner Morgenpost“. Die CDU forderte sie auf, sich von Lummer zu trennen. Er nehme die Rechtsextremisten nicht nur in Schutz, sondern rede auch wie sie.
Von den Bundesgrünen wird die AL keine volle Unterstützung für den Koalitionskurs mit der SPD erhalten. Ein Antrag fand gestern beim Bundeshauptausschuß (BHA), dem höchsten Gremium der Partei zwischen den Parteitagen, keine Mehrheit. „Volle Unterstützung“ hingegen sicherten die in Essen tagenden BHA -Delegierten der AL „bei der radikalen Demokratisierung der Gesellschaft, bei der Durchsetzung sozialer Reformen, ökologischer Lebens- und Produktionsweisen und ausländerfreundlicher Lebensbedingungen“. Welche Form der Kooperation zustande komme, müßten die Sachverhandlungen zeigen. Dieser Antrag wurde mit 15 gegen acht Stimmen angenommen.
bim/dpa/ap
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