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Inkompetenz und Motivationsstau

■ Medienhearing der SPD im Bayerischen Landtag

Ich wollte die Amme, die mich zehn Jahre genährt hat, nicht in den Busen beißen“, begründet Günther Jauch, warum er den öffentlichen Rundfunk bisher nicht zugunsten privater Verlockungen verlassen hat. Zudem sei „die Programmqualität beim BR auch besser als bei den Privaten“, meinte Jauch auf dem Medienhearing der SPD im Bayerischen Landtag vergangene Woche. Der Senkrechtstarter, der wie Thomas Gottschalk beim Bayerischen Hörfunk begonnen hatte und nach dem bayerischen Fernsehjugendprogramm Live aus dem Schlachthof nun bundesweit öffentlich-rechtlichen Sport moderiert, legte sich gleich mit privaten und öffentlichen Stationen an. Das Hearing stand im Vorfeld eines Sonderplenums des Bayerischen Landtags zum Thema öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk. Die CSU beklagt bereits länger die mangelnde Programmqualität (und damit das Scheitern ihrer bisherigen Medienpolitik).

Vor diesem Hintergrund wies Günther Jauch den Vorwurf zurück, der öffentliche Rundfunkt würde sich zu sehr am Massengeschmack orientieren. „Der BR finanziert sich zu 25 Prozent aus der Werbung. Wenn diese Einnahmen wegfallen und wir uns aufs Volkshochschulradio zurückziehen, dann wird es irgendwann Probleme mit den Gebühren geben, weil wir keine Hörer mehr haben.“ Beim Sport verliere der öffentliche Rundfunk bereits das Wettrennen mit den Privaten: UFA/Bertelsmann habe für die Wimbledonrechte über 50 Millionen hingeblättert. Das könne der öffentliche Rundfunk nicht leisten, weil ihm Grenzen bei Gebührenerhöhung und Ausdehnung der Werbezeiten gesetzt sind. Auch verfüge der öffentliche Rundfunkt nicht über Zweitverwertungsmöglichkeiten der Rechte wie Zeitschriften und Buchklubs.

In den leitenden Positionen des öffentlichen Rundfunks erkannte Jauch „erschreckend viel Inkompetenz“. „Journalistische Qualität ist bei der Besetzung zweitrangig“, langjährige Parteigänger würden Programmachern, die zehn bis 15 Jahre gute Arbeit leisteten, vorgezogen. Entsprechend diesem Beförderungsstau seien die Redakteure schlechter motiviert als ihre privaten Kollegen. Den Privaten warf er vor, daß sie zwar die „Häuptlinge“ gut bezahlten, aber die vielen „Indianer“ mit Hungerlöhnen abspeisten. Auch die Vertreter der Gewerkschaft RFFU und die Geschäftsführerin des Bayerischen Journalistenverbandes, Frauke Ancker, beklagten die „lausige Bezahlung“ der meisten Beschäftigten und die mangelnde qualifizierte Ausbildung. Den einzigen Vorteil der Privaten sah Frauke Ancker in der Chance, „subjektives Fernsehen“ zu machen. Als Beleg nannte Ancker das Aufjaulen des Bayerischen Innenministers Edmund Stoiber in Sachen Spiegel-TV. Ein solches Programm passe nicht in das CSU-Medienkonzept. Auch der Kulturredakteur des Münchner Lokalfernsehsenders tv weiß-blau, Nikolaus German, berichtete, nur sein Sender habe über den umstrittenen Neubau der Bayerischen Staatskanzlei in München kritisch informieren können: „Der BR hatte entsprechende Vorgaben, keine Schwierigkeiten zu machen.“

Ralf Homann

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