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NPD-Bundesparteitag blockiert

Protest: 5.000 gegen Bundesparteitag der NPD in Rahden / Bis zum Samstag abend waren Rechtsradikale blockiert / 40 Prozent der NPD-Delegierten mußten draußen bleiben / Chemische Keulen im Einsatz  ■  Aus Rahden Jürgen Voges

Im Anschluß an eine DGB-Kundgebung gegen Ausländerfeindlichkeit und Neonazis mit knapp 4.000 TeilnehmerInnen haben am Samstag in der ostwestfälischen Stadt Rahden mehrere tausend DemonstrantInnen den NPD -Bundesparteitag blockiert. Da die Polizei den Alt- und Neonazis ab dem späten Samstag vormittag auch gewaltsam keinen Zugang mehr zu ihrem Tagungsort verschaffen konnte oder wollte, blieben bis zum Abend 40Prozent der NPD -Delegierten ausgesperrt. Aus den Reihen der mehr als 1.000 Polizisten, die Nordrhein-Westfalens Inneminister Herbert Schnoor zum Schutz der Rechtsradikalen nach Rahden beordert hatte, wurden allerdings dreimal „chemische Keulen“ gegen die Blockierer eingesetzt. Dabei sprühten einzelne Polizisten aus nächster Nähe Tränengas direkt in die Augen.

Vor dem ringsum abgesperrten Tagungsort, dem etwas außerhalb gelegenen Gasthaus „Letzter Heller“, hatte die Polizei zunächst am Samstag morgen eine kleinere, hauptsächlich von der VVN organisierte Blockade mit einem Tränengaseinsatz aufgelöst. Während und nach der DGB -Protestkundgebung füllten sich jedoch die Reihen der Blockierer immer mehr auf, so daß schließlich jeweils einige hundert bis tausend Antifaschisten auf den drei zum Tagungsort führenden Wegen standen. Nachdem gegen zwölf Uhr noch einmal rund 40 Polizeibeamte Tränengas sprühend, aber letztlich erfolglos in die Menge gestürmt waren, verzichtete die Einsatzleitung schließlich bis zum Abend darauf, NDPler durch die Blockade zu schleusen.

Während viele der zum Protest angereisten Gewerkschafter gleich im Anschluß an die Kundgebung ihre Transparente gegen Ausländerfeindlichkeit einrollten und ihren Bussen zustrebten, trafen vor dem NPD-Lokal „Letzter Heller“ bis zum Nachmittag immer noch weitere DemostrantInnen ein, die für Stunden in der Kälte ausharrten. Getragen wurde die Blockadeaktion von Autonomen, Antifa-Gruppen, VVN, DKPlern, Grünen und Mitgliedern von Ausländerbeiräten. Die Nazigegner waren meist aus den Städten der weiteren Umgebung wie Minden, Osnabrück, Bielefeld, Herford und Münster, aber auch aus Bremen oder Wuppertal angereist.

Als der NPD-Parteitag schließlich wie vorgesehen um 14 Uhr eröffnet wurde, hatten sich nur 195 oder genau 60 Prozent der 325 Delegierten in den Tagungsraum, den Tanzsaal des „Letzten Heller“, durchschlagen können. Drinnen stank es bestialisch, da drei Tag zuvor von „Unbekannten“ in der Kneipe Buttersäure ausgekippt worden war. Zudem verwehrten es die NDP-Ordner ihren „Kameraden“, auch nur zum Luftschnappen vor die Tür zu treten, mit der Behauptung, die Anti-Nazi-DemonstrantInnen würden mit Stahlkugeln schießen.

Innerhalb der NPD bliebt die vom Vorsitzenden Martin Mußgnug und der Vorstandsmehrheit initiierte Bündnispolitik mit der Deutschen Volks Union weiterhin stark umstritten. Schon bei der Abstimmung über die Zusammensetzung des Parteitagpräsidiums zeigte sich, daß mehr als ein Drittel der Delegierten weiterhin die Linie des Parteivorsitzenden ablehnen, wonach NPD und DVU sich mit Kandituren bei Wahlen abwechseln und sich gegenseitig unterstützen.

Kurz vor Eröffnung des Parteitages hatte sich der NPD -Vorsitzende Mußgnug bitter über die Polizei beklagt, ein Großteil seiner Delegierten irre draußen im Gelände umher, weil die Polizeieinsatzleitung Anweisung aus Düsseldorf habe, „keine Delegierten mehr durchzulassen“. Die NPDler allerdings kamen während des ganzen Samstag nachmittags gar nicht mehr an die vor der Kneipe „Letzter Heller“ postierten Polizisten heran, sondern wurden schon vorher von den Blockierenden mehr oder minder sanft zurückgeschickt. Gegen 16Uhr machten sich die draußengebliebenen Rechten dann in Begleitung einiger Skinheads noch einmal geschlossen auf den Weg, wurden aber von auf sie zustürmenden Antifaschisten abgefangen. Die Polizei trennte dann unter Einsatz von Schlagstock und chemischer Keule sofort beide Gruppen und drängte die Alt- und Neonazis wieder ab.

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