: Beckmeyer kann nicht segeln
■ Senator präsentiert Wirtschaftsbericht für 1988 / Höchstes prozentuales Wirtschaftswachstum seit 1979 / Kein Ersatz für ABM-Mittel aus der Landeskasse
„Das bremische Staatsschiff hat wirtschaftlich voll in den Wind gedreht“, posaunte Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer gestern bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts für 1988, der mit etwa 3 Prozent das höchste wirtschaftliche Wachstum für Bremen seit 1979 ausweist. Und damit lag der Wirtschaftssenator voll daneben. Denn beim Segeln ist es nun mal so, daß ein voll in den Wind gedrehtes Schiff zum Stillstand kommt. Daß Uwe Beckmeyer vom Segeln wirklich nichts versteht, ist damit belegt. Ob er ein guter Wirtschaftspolitiker ist, wird wohl auch nach der Vorlage des Jahresberichts strittig bleiben.
Denn Zahlen sind immer sehr vielseitig interpretierbar. Während Beckmeyer vorrangig von einer vollständigen Mobilisierung der Wachstumskräfte und der Schaffung neuer Arbeitsplätzern spricht, Zuversicht und Aufbruchstimmung in der Bremer Wirtschaft ausmacht und die Wirtschaftsdaten als Ansporn empfindet, gibt es auch die andere Seite der Medaille: Die Ansiedlung neuer Betriebe und der Ausbau Bremens zu einem Wissenschafts-, Forschungs-und Technologiestandort hat erhebliche finanzielle Mittel verschlungen.
Und die Arbeitslosenquote verringerte sich nur um 0,3% auf 15,3%, die Arbeitslosenzahl bleibt 42.200 im Durchschnitt des vergangenen Jahres. Eine Erfolgskontrolle der massiven finanziellen Förderung von Unternehmen konnte der Wirtschaftssenator gestern ebensowenig vor
legen wie eine Untersuchung der Auswirkungen dieser „konsequenten Umstrukturierungspolitik“ auf die Umwelt oder die Qualität der Arbeitsplätze. Trotzdem sind politischen Änderungen nicht in Sicht. Beckmeyers Ziel: Auch in diesem Jahr soll die Bremer Wachstumsrate im Bundes
schnitt liegen.
Und zum Schluß die kalte Dusche für die Bremer Alternativbetriebe. Sie können nach Auffassung des Wirtschaftssenators trotz der Kürzung von ABM-Mitteln durch die Bundesanstalt für Arbeit nicht mit zusätzlichen Landesgeldern rechnen. om
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