: MVA-Geheimhaltung geplatzt
■ GNUU hat Akteneinsicht zur Rauchgaswaschanlage gerichtlich erstritten / Lob für Verbandsklagerecht / Verbrennung ölverseuchter Erde in MVA unterbinden
Der GNUU (Gesamtverband Natur und Umweltschutz Unterweser) hat jetzt die Akteneinsicht im Zusammenhang mit der im Bau befindlichen Rauchgaswaschanlage in der Bremer MVA erhalten
-mit einer Verzögerung von über einem dreiviertel Jahr und erst nach einer Entscheidung des Bremer Verwaltungsgerichts. Die Umweltbehörde wollte dem GNUU sogar die nur auf das Naturschutzrecht bezogene Verbandsklagebefugnis abstreiten. Begründung: Von dem Bauvorhaben seien nur einige Bäume betroffen, die lediglich eine „bessere optische Erträglichkeit von industriellen Großanlagen“ schaffen sollten. Die Behörde hatte ganz offensichtlich Gründe für die Verweigerung der Planungsunterlagen: Nach einer Mitteilung des GNUU enthalten sie eine Reihe von gravierenden Versäumnissen und Gesetzesüberschreitungen.
Bereits im Sommer des vergangenen Jahres hatte der GNUU Klage gegen das Planfeststellungsverfahren zum Einbau einer Rauchgaswaschanlage erhoben und wollte in einem ersten Schritt die Herausgabe der Planungsunterlagen erreichen. Daß dies jetzt erfolgte, bewertet Andreas Reich, Vorstandsmitglied des
Umweltschutzverbands, als einen wichtigen Erfolg der Verbandsklage: „Ohne dieses juristische Instrument hätten wir unser legitimes Anliegen nicht durchsetzen können, obwohl die Behörde kein Recht zur Zurückhaltung der Unterlagen hatte.“ Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konnte erstmals eine Organisation im Rahmen der Verbandsklage ein Akteneinsichtsrecht durchsetzen.
Und diese Akten haben es in sich: So waren nach Informationen des GNUU vier Jahre nach Inbetriebnahme der MVA immer noch zahlreiche Sicherheitsmängel vorhanden. 1975 wurde durch den Einbau eines vierten Verbrennungskessels der zulässige Mülldurchsatz um fünf auf 65 Tonnen erhöht allerdings ohne das erforderliche Planfeststellungsverfahren. Darüber hinaus wurden bei der Rauchabgabe zeitweise die erlaubten Grenzwerte überschritten und bis zum heutigen Tag wird ölverseuchtes Erdreich verbrannt, ohne daß hierfür eine Genehmigung vorliegt.
Gerade diesen letzten Punkt will der GNUU zum Anlaß nehmen, die Klage vor dem Verwaltungsgericht aufrecht zu erhalten. Vorstandsmitglied Reich bezeichnet die Praxis der MVA als
„politischen Skandal“. Die 1969 genehmigte Altölaufbereitungsanlage konnte wegen erheblicher sicherheitstechnischer Schwierigkeiten nicht fertiggestellt werden und wurde nie in Betrieb genommen. In den letzen Jahren wurde die ölhaltige Erde einfach verbrannt, obwohl die darin vor
kommenden halogenorganischen Schadstoffe bei der Verbrennung als Ursache für die Bildung von Dioxinen gelten. Reich, von Beruf Rechtsanwalt, hält die Klage seines Verbandes für dieses unverantwortliche Umgehen mit Sondermüll für aussichtsreich. om
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen