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Fernsehwerbung und -gebühren unter Beschuß

■ Zeitschriftenverleger und RTL gegen Fernsehwerbung bei ARD und ZDF / Bayerische SPD fordert neutrales Gremium zur Gebührenfestsetzung

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger verlangt die schrittweise Abschaffung der Fernsehwerbung in den öffentlich-rechtlichen Programmen von ARD und ZDF. Der Präsident des Verbandes, Werner Hippe, richtete deshalb ein Schreiben an die Ministerpräsidenten der Länder, das in Bonn veröffentlicht wurde. Die zunehmende und demnächst bundesweite Verbreitung privater Fernsehsender habe bereits 1988 zu einem „dramatischen Rückgang“ des Anzeigenaufkommens in Zeitschriften geführt, begründete er den Vorstoß. Hippe schlägt vor, die Werbung in ARD und ZDF stufenweise einzustellen und dafür die Gebühren heraufzusetzen. Das würde auch dem Vorschlag der Monopolkommission entsprechen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausschließlich aus Gebühren zu finanzieren. Kostenersparnisse wären zudem zu erreichen, wenn die Zahl der ARD-Anstalten durch Fusionen verringert würde. Entschieden lehnte Hippe Bestrebungen der ARD ab, von 1990 an auch nach 20 Uhr Werbung im Fernsehen zu senden.

Der Kölner Privatsender RTL plus hat verlangt, daß die ARD -Anstalten in einigen Jahren ganz auf Werbeeinnahmen verzichten und sich nur noch aus dem Gebührenaufkommen finanzieren sollten. Später - nach einem weiteren Ausbau der Kapazität der Privatsender - sollte dann auch das ZDF diesem Beispiel folgen, forderte der Geschäftsführer RTL plus -Geschäftsführer Erich Staake am Mittwoch in Köln. Die öffentlich-rechtlichen Sender könnten die Einbußen durchaus verkraften, meinte Staake. Die ARD-Anstalten finanzierten sich nur zu 20 Prozent aus Werbeeinnahmen.

Staake rechnet damit, daß sein bislang noch defizitärer Sender 1990 die Gewinnzone erreicht. Für 1989 erwartet er Werbenettoerlöse von „mindestens 270 Millionen Mark“ gegenüber 125 Millionen im Jahre 1988 bei Unkosten von über 300 Millionen (1988: 185 Millionen). Mit einer technischen Reichweite von rund zehn Millionen Haushalten zum Jahresenede 1988 habe RTL plus sein Zuschauerpotential innerhalb eines Jahres nahezu verdreifacht.

Ein neutrales Gremium soll nach Ansicht des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Karl-Heinz Hiersemann, die Rundfunkgebühren für die öffentlich-rechtlichen Anstalten festsetzen. In einer Mediendebatte des Landtags schlug Hiersemann vor, die Zuständigkeit für die Rundfunkgebühren den Politikern wegzunehmen. Nicht mehr die Landtage sollten über die Gebühren in Zukunft entscheiden, sondern eine Aufsichtsinstanz etwa wie das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen. Nach Ansicht des SPD-Politikers nehmen die Landtage mit dem „Gebührenhebel“ politischen Einfluß auf Programme und Personen.

Die Landtagsdebatte war aufgrund einer Großen Anfrage der CSU zum Thema „Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk in Bayern“ angesetzt worden. Der Leiter der Staatskanzlei, Wilhelm Vorndran, appellierte in seiner Rede an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und an die privaten Anbieter in Hörfunk und Fernsehen, sich um den kulturellen Auftrag des Rundfunks zu kümmern und trotz aller finanzieller Schwierigkeiten Qualitätsmaßstäbe zu setzen. Die Medienpolitik des Landes sei erfolgreich gewesen.

(dpa/ap)

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