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Roma-Familie weiterhin von Abschiebung bedroht

Hamburger Ausländerbehörde lehnt Aufenthaltsgenehmigung für Roma-Familie ab / Roma-Kongreß soll Familie schützen  ■  Aus Hamburg Oliver Neß

In Hamburg hat die Verfolgung von Angehörigen der Roma und Sinti einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Petitionsausschuß der Bürgerschaft entscheidet derzeit jede Woche Roma -Abschiebungen. So ist auch das Schicksal der zehnköpfigen Roma-Familie Adzovic, die durch einen Selbstmordversuch des Vaters und drei seiner Kinder Mitte Januar für Aufsehen gesorgt hatte (die taz berichtete), offenbar besiegelt. Am Mittwoch lehnte die Ausländerbehörde die Aufenthaltsanträge ab. Ein Asyl für die Adzovics verweigerten die Gerichte bereits Mitte 1988. Eine Rückkehr nach Jugoslawien ist für die Roma völlig ausgeschlossen. Die Eltern erwarten dort langjährige Haftstrafen. Bereits seit vier Monaten wird Familie Adzovic von den staatlichen Behörden in die Illegalität gezwungen.

Nach Ablehnung der Anträge auf Aufenthaltsgenehmigung signalisierte die Innenbehörde, daß die Familie - würde die Polizei sie aufgreifen - sofort abgeschoben werde. Die staatenlosen Roma haben seit einigen Tagen in einer Kirchengemeinde im Stadtteil Wandsbek Unterschlupf gefunden. Das Gemeindehaus wird seit gestern von Zivilfahndern der Polizei bewacht. Bis Redaktionsschluß war es allerdings zu keinerlei Übergriffen durch die Polizei gekommen.

Seit gestern nachmittag findet in der Kirche ein kurzfristig organisierter Kongreß von Roma-VertreterInnen aus allen Teilen Europas statt. Über 300 VertreterInnen der Roma und Sinti beraten über das weitere Vorgehen, um das Aufenthaltsrecht der Familie Adzovic in Hamburg durchzusetzen. In der nächsten Woche beginnt in Köln ein viertägiger Roma-Kongreß, der sich mit der Situation der Sinti und Roma in der BRD und anderen Teilen Europas befaßt.

In Hamburg formierte sich in den letzten Wochen ein breites Unterstützerbündnis aus rund 50 antifaschistischen und antirassistischen Initiativen, das bemüht ist, den Adzovics öffentlichen Schutz zu gewähren. Mehr als 2.000 HamburgerInnen haben Bürgermeister Voscherau aufgefordert, der Roma-Familie ein Aufenthaltsrecht in Hamburg einzuräumen.

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