Stuhr gegen Flughafenerweiterung

■ Glaubwürdigkeit der Bremer PolitikerInnen auf dem Stuhrer Prüfstand / Heftige Proteste auf Stuhrer Bürgerversammlung: Ortsteil darf nicht zur „Lärmmülldeponmie“ werden / Sture Haltung empfohlen

„Hier geht es um eine scheibchenweise Umsetzung der expansiven Flughafenpolitik“, beschwerte sich ein Stuhrer Anwohner über den Bremer Senat. Er traf die mißtrauische Stimmung der Bewohner der Nachbargemeinde Bremens, die am Montag abend zur Bürgerversammlung in den Festsaal des Rathauses gekommen waren.

Bürgermeister Schmidt hatte sichtlich Mühe mit der Vielzahl der Redewünsche der StuhrerInnen, die eine erhebliche Ausweitung des Flugverkehrs befürchteten und nun endlich ihre Meinung sagen wollten. Die Siedlung Kuhlen würde dann wohl zur Bremer „Lärmmülldeponie“, meinte ein seriöser Herr, der angekündigte Lärmschutz sei „ohnehin nur psychologisch sozusagen unhörbar“. Kaum einer der Stuhrer versprach sich etwas davon.

Während die im vergangenen Jahr beschlossene Verlegung der Ochtum im wesentlichen zu einer Verbesserung der Sicherheit der Start- und Landebahn beitragen sollte, geht es bei der jetzt geplanten Verlängerung vorgeblich darum, den Transport der in Bremen gefertigten Flügel für den Airbus 330/340 mit Sonderflugzeugen zu ermöglichen.

Die Gemeinde hatte die Startbahnverlängerung akzeptiert, wenn Bremen nur für einen ausreichenden Lärmschutz sorge und sicherstelle, daß die längere Bahn

nur für die MBB-Spezialflug zeuge genutzt werde.

Gerade dies aber mochten die meist ausgesprochen sachkundigen Betroffenen nicht so recht

glauben: Die Bremer „Strukturplanung Flughafen 2000“, die von einer möglichen Verdoppelung der Fluggast- und Gütertransportzahlen bis zum Jahr 2000

ausgeht, ist in Stuhr bekannt. Dafür brauche man größere Flugzeuge und eben längere Start- und Landebahnen, sogar interkontinentalen Flugverkehr, befürchten die Stuhrer.

Zudem ist eine Beschränkung auf die MBB-Sonderflugzeuge nach Überzeugung der anwesenden Stuhrer nicht sicherzustellen. Dies bestätigte der aus Freiburg angereiste Anwalt für Verwaltungsrecht, de Witt: Allein eine Weisung des Bundesverkehrsministers könnte ausreichen, um diese Vorgabe aufzuheben.

Um wirklich sicherzustellen, daß die verlängerte Bahn ausschließlich MBB zur Verfügung steht, gibt es denn wohl auch nur eine einzige überraschende und wenig juristische Möglichkeit, auf die ein Betroffener hinwies: „Der jetzige Flughafen wird ausschließlich MBB zur Verfügung gestellt, Bremen muß einen neuen bauen“.

Flughafendirektor Ernst bemühte sich zwar intensiv, die in der Planung genannten und attakkierten Zahlen als „lediglich erreichbar, aber nicht wünschenswert“ darzustellen. Besonders glaubhaft wirkte er dabei allerdings nicht.

Auch der Vertreter des Bremer Hafenamtes, Lampe, stieß auf

kritische Ohren. Alternative Lösungen seien nicht ausreichend untersucht worden, so der Vorwurf aus dem Publikum. Ärgerlich reagierten die Anwesenden auf „geschönte Zahlen“. So sprach Lampe von der Erhaltung von 500 Arbeitsplätzen - MBB selbst nennt lediglich 200.

Im übrigen waren die beiden Vertreter aus Bremen eifrig bemüht, die politische Verantwortung von sich zu weisen und dem Bremer Senat zuzuschieben. „Als Sie reingekommen sind, habe ich Sie für seriös und kompetent gehalten - so naiv wirken sie garnicht, wie sie geredet haben“, faßt ein Besucher seinen Eindruck von den beiden Behördenvertretern zusammen und nennt damit auch die von vielen geteilten Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit.

Trotz dieser harschen Kritik rät de Witt der Gemeinde nicht zur Klage. Er empfiehlt den Stuhrern eine sture Haltung bei Verhandlungen mit der Stadt Bremen. Verhandlungziele: Entschädigungszahlungen, umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen und die Zusage der Hansestadt, gegen eine Ausweitung des Flugverkehrs über MBB hinaus zu klagen - durch alle Instanzen hindurch. om