VOM PINSELDUKTUS

■ Henry Körber bei Heidi Springfeld ter Hell bei Manfred Giesler

In der Galerie „Neue Räume“ erblickt man beim Eintritt zwei bunte abstrakte Bilder, deren eines zwar den Titel „Landschaft“ trägt, nichtsdestotrotz aber doch nur das Flimmern und Rauschen beschreibt, das vor jedermanns Augen losbricht, wenn man aus der Dunkelheit einer Kneipe ins grelle Sonnenlicht im mediterranen Raum tritt. Alles ganz schön bunt hier ist aber nur eine Metapher für das gesamte Farbspektrum, das Henry Körber beherrscht mit deutlichen, kräftigen Pinselstrichen.

Hat man sich von dem Schock erholt und bedenkt noch, daß Henry Körber sich im vergangenen Jahr mit großen, einfarbigen Bildern im Atelier Raphael Rheinsberg vorstellte, wo er vor allem der Antwort auf die Frage nachging, wie die Farbe Schwarz sich stufenweise auffächern läßt, so zeigt er nun in kleinen Serien Versuche, Licht in das Dunkle zu bringen. Aus dem monochromen Schwarz lösen sich mit entsprechend schwachem Pinselstrich Partikel von Licht. Es ist auf einmal weniger schwarz. Es scheint, als sei die Dunkelheit nicht so gleichmäßig, wie uns Schwarzweißmaler einreden wollen. Vielmehr, so zeigt Körber, ergeben sich in völliger Dunkelheit die Graubilder, die ahnen lassen, daß eben noch der Fernseher lief, ein Autoscheinwerfer durchs Zimmer fuhr oder im Traum die bunten Bilder vom vergangenen Sommer liefen, die nun nur noch als Schatten an der Wand hängen. Sie geben einem Rätsel auf, wenn man an den schwarzen Bildern vorbeistreift, sich ihnen nähert oder sich entfernt, und sich die Konturen verwischen, die eben noch so deutlich waren. Und wenn man analysieren will, wie dieser Effekt zustande kommt, hilft nur der Pinselduktus, die Leerformel, wenn man nicht mehr weiter weiß.

Bei ter Hell sieht sie Sache anders aus. In einem Akt malerischer Arbeitswut seit Ende letzten Jahres hat er auf einfarbige Hintergründe, die nicht gewollt gleichmäßig die Farbe tragen, gekleckert und geklotzt, gespritzt und verrieben, daß dabei Spektakel herausgekommen sind, die teils dekorativ, teils plakativ, teils banal und zu einem größeren Teil spekulativ sind.

Denn wenn auch die kleinen Räume der Galerie Manfred Gieseler nicht geeignet scheinen, die Kraft der Bilder angemessen zur Wirkung kommen zu lassen, weil sie sich gegenseitig behindern, kommt man nach einiger Zeit der Betrachtung doch wieder auf die Ebene, im abstrakten Raum die Bilder zu suchen und zu finden, die assoziativ vom Farbklecks zum Blutspritzer werden. Aber es bedarf der Vorstellungs- bzw. Einbildungskraft, von neun Deckeln von Farbeimern der Marke Alpina Weiß auf der einen Seite auf die andere zu springen, wo ter Hell sich wiederfindet im Algenwachstum der Nordsee, in dieser gelblichen Soße, die die Ursache haben in der Produktion von Plastikeimern. Daß er es sich nicht verkneifen kann, auch in dem Dreck nach Ästhetik zu suchen, ist nicht verwunderlich. Schließlich ist ter Hell Maler, der nicht mit dem Zeigefinger in Wunden bohrt, nicht die richtige Weltanschauung gepachtet hat und auch nicht der Typ, der sich funktionalisieren läßt. Er überläßt es lieber seinen Bildern zu sprechen und zu hören, was die Betracher zu sagen haben. Und Pinselduktus, wie gesagt, erklärt nicht, was das phantasiefreisetzende Mittel in der Malerei ist.

Qpferdach

Henry Körber in der Galerie Neue Räume, Heidi Springfeld, Lindenstraße 39, 1-61, Öffnungszeiten Di-So 17-20 Uhr; ter Hell in der Galerie Manfred Giesler, Großbeerenstraße 56 (Riehmers Hofgarten), 1-61, Mi-So 15-18 Uhr