piwik no script img

Bilder mit Kopf sehen

■ Rolf Thiele brachte sie aus viereinhalb Monaten Paris mit: Eine Ausstellung in der Kommunalen Galerie

Viereinhalb Monate Paris - welche MalerIn sehnte sich nicht danach? Rolf Thiele (42), seit 1974 Professor im Studiengang Flächengestaltung an der Bremer Kunsthochschule, hatte als Gast der Stadt Paris im vergangenen Jahr ein Atelier in der 'Cit'e Internationale des Arts‘ zur Verfügung. Seit Sonntag präsentiert er die in dieser Zeit entstandenen Bilder in der Kommunalen Galerie.

In einer Vorankündigung war zu lesen: „Auch und gerade wenn das Fremde zunächst das in der Ferne liegende bedeutet, geht es Rolf Thiele um das Fremd-sein im Gewohnten und scheinbar Vertrauten.“

Seine Bilder zeigen aber so viel Bekanntes, daß man bestenfalls über dessen Massierung befremdet sein könnte. Thieles Arbeiten sind wahre Schatzkästlein kunsthistorischer Zitate, die zusammen mit Versatzstücken aus der Wirklichkeit und einigen beständig wiederholten Motiven ein Bedeutungsgeflecht ergeben, dem das collageartige Über-und Nebeneinander des Dargestellten sowie die Anwendung diverser Malweisen entspricht. Diese Vielschichtigkeit ist schier grenzenlos: Ein Profil, das sich dunkelblau im hellblauen Himmel wiederholt, Buchstabenkennzeichnungen an den Bildrändern, wie sie bei Filmmaterial üblich sind, unvermittelt auftauchende, schablonenhafte Köpfe. Der Surrealismus läßt heftig grüßen, ein Gemälde spielt Foto. Die Rede ist von dem Triptychon „Argonauten oder Kodak -Wirklichkeit“, Antike trifft Gegenwart.

In seltsamem Kontrast zum Formen-, Farb- und Sinnendrang der großen Arbeiten stehen die kleinen Bilder. Thiele hat schon vor einigen Jahren unter Beweis gestellt, daß er schnell arbeiten

kann: vor laufender Kamera für „Buten und Binnen“ vollbrachte er ein 2 mal 2,50 Meter großes Bild. Flach und unentschlossen, ohne Intensität, legt seine neue Serie die Vermutung nahe, daß seine Stärke - wie sie sich in größeren Formaten offenbart - in der intellektuellen Planung liegt. Entsprechend sollte man sich seinen Bildern nicht mit den Augen, sondern mit dem Kopf nähern.

Silke Hennig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen