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Grüner VS-Kontrolleur

■ Parlamentsausschuß soll Bespitzelung beraten

Der 11. November 1987 war ein schwarzer Tag für die Bremer CDU. Gegen ihren scharfen Protest wurde der Grüne Martin Thomas mit großer Mehrheit zu einem der drei stellvertretenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) gewählt.

Für Thomas hob damals auch der SPD-Abgeordnete Peter Sakuth die Hand, der ebenfalls zum stellvertretenden PKK-Mitglied gewählt wurde und heute Innensenator und damit Dienstherr des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz ist. Seitdem sitzt Sakuth zwar nicht mehr in der PKK, kann sich aber noch gut erinnern, daß das „die offenste PKK seit langem“ war. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß mit Thomas ein ehemaliges Mitglied der maoistischen KPD in dem Gremium saß. Das war bekannt und darüber wurde auch ganz „offen geflaxt“ in der Kontroll-Kommission, erzählt Innensenator Sakuth.

Martin Thomas fühlt sich als Stellvertreter in der PKK nicht benachteiligt, wo er das gleiche Frage-und Informationsrecht habe wie alle anderen. Abstimmen dürften allerdings nur die Mitglieder. Das sei aber eine „relativ unwichtige Differenzierung“ - „ganz abgesehen davon, daß ich bisher immer mitstimmen durfte, weil Herr Tiedemann (der SPD -Abgeordnete Dieter Tiedemann ist reguläres PKK-Mitglied) ja nie da war“.

Nun soll sich nach dem Willen von Thomas die PKK mit seiner angeblichen Bespitzelung durch US-Stellen befassen. Der PKK -Vorsitzende Metz will sich zunächst über den Fall informieren und dann entscheiden, ob und wann es eine solche Sitzung gibt. Thomas will erfahren, ob auch der Bremer Verfassungsschutz in diesen Fall verwickelt ist.

Thomas vermutet inzwischen, daß auch seine Treffen mit Konsul Russell L. Frisbie vom US-Generalkonsulat in Hamburg dazu da waren, „um mich auszuhorchen“. Er habe dreimal mit Frisbie gesprochen, dessen Fragen sich dann hauptsächlich auf die PKK und die Entwicklung von Links-und Rechtsextremisten konzentriert hätten. Ende November 1988 schrieb Frisbie, der nach Mexiko ging, einen Abschiedsbrief an Thomas. Darin bedankt sich der Konsul „für die Hilfsbereitschaft und exzellente Zusammenarbeit in den vergangenen eineinhalb Jahren“. Jetzt fühlt sich Thomas „nachträglich noch ziemlich verarscht“ und wirft Frisbie einen „ungeheuerlichen Vertrauensmißbrauch“ vor.

Bürgerschaftspräsident Dieter Klink will Anfang der Woche den US-Generalkonsul in Hamburg um eine Stellungnahme bitten. Ausdrücklich verwies der Bürgerschafts-Präsident darauf, daß Thomas Mitglied eines deutschen Parlamentes sei. „Da hat ein ausländischer Abhördienst nichts zu suchen.“

Irmgard Kern (dpa)

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