: Gewitter am spanischen Bankenfirmament
Die geplante Fusion zweier spanischer Großbanken ist geplatzt / Nach Monaten der Intrigen, Machtspiele und einem Ehebruch kehren alle Beteiligten in ihre Ausgangspositionen zurück / Die Boulevardpresse schaut genüßlich zu ■ Aus Madrid Antje Vogel
„Acht nicht eingehaltene Verträge, vierfacher Verrat, drei Klageandrohungen, sechs notarielle Ersuchen, mehrere Bestechungen, eine Scheidung, drei Trennungen, Dutzende Konspirationen...“ - so faßt die spanische Wochenzeitung 'Cambio 16‘ die Fusionsbemühungen zweier spanischer Großbanken, der Zentralbank (Banco Central) und der Spanischen Kreditbank (Banesto) zusammen, deren Scheitern gestern bekanntgegeben wurde.
Was jetzt mit Pauken und Trompeten endet, war von vornherein ein wackeliges Manöver gewesen. In die Zentralbank hatte sich im Frühjahr 1988 die Unternehmensgruppe Cartera Central eingekauft, die zu knapp 49 Prozent in den Händen des kuweitischen Unternehmens KIO und zu 51 Prozent in denen eines jungdynamischen Unternehmerpärchens namens Alberto Cortina und Alberto Alcocer liegt. Die „beiden Albertos“, wie sie in der spanischen Öffentlichkeit heißen, gelten als der Fuß der Sozialistischen Partei in der Tür der Zentralbank. Mit zwölf Prozent Beteiligung am Kapital der Zentralbank waren sie der größte Aktionär und konnten damit die Bank kontrollieren.
Dem Präsidenten der Bank, Alfonso Escamez, gefiel das gar nicht. Auch Mario Conde, der Präsident der Kreditbank, hatte Schwierigkeiten. Der Vierzigjährige, der sich innerhalb weniger Jahre aus dem Nichts an die Spitze der bis dahin größten Privatbank Spaniens hochgeboxt hatte, mußte sich gegen Feinde in den eigenen Reihen verteidigen: die Vertreter der alteingesessenen Familien, in deren Besitz die Bank zum Großteil ist, und die sich gegen einen Emporkömmling wehrten, der versuchte, die alte „Tante Kreditbank“ mit neuen Methoden zu modernisieren.
So hatten die Fusionsbemühungen von vornherein den Charakter eines Verteidigungsbündnisses gegen die jeweiligen Widersacher und stießen ansonsten eher auf Skepsis. Die sozialistische Regierung, die in den letzten Jahren Bankenfusion propagiert hatte, um auf diesem Sektor im gemeinsamen Markt konkurrieren zu können, gab zähneknirschend ihr Plazet. Doch die Gespräche kamen nicht so recht voran. Vor allem die Banesto hatte mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die Intrigen der Widersacher nahmen zu.
Im Winter wurde Miguel Boysr, ehemaliger Wirtschaftsminister der Sozialisten und Schöpfer der rechten Wirtschaftspolitik der momentanen Regierung, zum Präsidenten der Cartera Central ernannt. Mit ihm bekam Mario Conde, designierter Präsident der neuen Großbank, plötzlich einen Rivalen um dieses Amt. Gleichzeitig kündigte sein Sozius Juan Abello, dessen Geld und Unterstützung ihm erst den Aufstieg ermöglicht hatten, Gütertrennung von seinem Freund Conde an. Zu lange hatte sich der Habenichts in den Vordergrund gespielt und vergessen, daß von den etwa 420 Millionen Mark, die beide gemeinsam in Banesto investiert hatten, nur ein Bruchteil aus Condes Portefeuille stammte.
Als im Januar ein Großteil der Vorstandsmitglieder den Rechnungsbericht über das vergangene Jahr nicht billigte, sah Mario Conde sein letztes Stündchen geschlagen. Doch die Angelegenheit nahm eine positive Wende für ihn. Von der Spanischen Bank kommen immer mehr Bedenken bezüglich der Fusion, und auch die Albertos, die von Anfang an dagegen waren und sich inzwischen durch Aktienbeteiligung in den Vorstand der Banesto gedrängt haben, erhöhen ihren Druck. Da geschieht ein Skandal, der das Faß zum Überlaufen bringt: Auf mysteriöse Weise entdeckt ein Fotograf in Wien den einen der beiden Albertos, mit Nachnamen Cortina, in Begleitung einer Angehörigen des spanischen Jet-set, der jungen Marta Chavarri. Das Foto der beiden erscheint in einem Boulevardblatt und erregt das Mißfallen der Ehefrau Cortinas, Alicia Koplowitz. Sie erklärt unverzüglich, in ihrem Haus habe sie die Hosen an, und kündigt die Scheidung an.
Alicia Koplowitz und ihre Schwester Esther, die mit dem anderen Alberto verheiratet ist, besitzen etwa 98 Prozent der Cartera Central, beide haben Gütertrennung. Das Spektakel, das um den Ehebruch im katholischen Spanien gemacht wird, gefällt wiederum den Kuweitis nicht, die ihre geschäftliche Seriosität bedroht sehen. Sie kündigen an, daß sie sich aus der Cartera Central zurückziehen. Die Albertos erklären, daß sie die zwei Prozent Aktienbeteiligung, die sie von der Banesto erworben hatten, an die Bank zurückverkaufen, Banesto und Zentralbank wiederum geben den Bruch der Fusionsbemühungen bekannt.
Boulevardzeitungen spekulieren über eine Abfindung an Marta Chavarri in Millionenhöhe, Mario Conde bleibt Präsident des Banesto und muß sich nun wieder vornehmlich mit den alten Familien rumschlagen. Alles wie zuvor - oder fast -, aber ein Jahr lang haben die Spanier mit großem Interesse ihre Nase in die Angelegenheiten der Großbanken gesteckt.
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