... wird die Produktion der Zeitung eingestellt

■ Vorstandsbeschluß der taz vom 5.3.1989 zur Hungerstreik-Sonderseite von Berliner Autonomen und Antiimps

1) (...)

2) Wir haben uns (...) für die Veröffentlichung entschieden, weil

-das vorgetragene Vorhaben, Diskussions- und Meinungsbildungsprozesse der Hungerstreikenden und der Unterstützergruppen in einer sich zuspitzenden Situation im Hungerstreik in der Zeitung abzubilden, von öffentlichem Interesse ist;

-wir in diesem Konzept der Unterstützergruppen Ansätze sahen, sich aus der gesellschaftlichen Isolation zu lösen und wir jede noch so kleine Chance wahrnehmen wollten, der politischen und gesellschaftlichen Isolation und Selbstisolation dieser Gruppen entgegenzuwirken;

-die Gruppe sich am Donnerstag abend nach langer, kontroverser Diskussion schließlich bereit erklärt hatte, auf die Kooperationsbedingungen der taz einzugehen. (...)

Wir hatten bis Freitagnach mittag noch nicht die Hoffnung verloren, daß eine Kooperation auf einer solchen Basis möglich sein könnte und haben uns angesichts der offensichtlichen Entscheidungsunfähigkeit der übrigen taz -Gremien trotz aller Bedenken für die Veröffentlichung der ersten Sonderseite am Samstag ausgesprochen.

3) Der Vorstand stellt nun fest, daß die vereinbarte Kooperation gescheitert ist:

-Einrichtungen der taz, Telefone, Telefaxgeräte usw. wurden von der Unterstützergruppe eigenmächtig benutzt, die taz offensichtlich als logistische Basis ihrer Aktivitäten mißbraucht.

-Die Unterstützergruppe hat selbst die Vereinbarung aufgekündigt und fordert nunmehr ultimativ 3 Seiten autonom sowie Räume und Arbeitsmöglichkeiten.

4) Der Vorstand legt hiermit - verbindlich für das gesamte Projekt tageszeitung - folgendes fest:

-Die redaktionelle Betreuung der Hungerstreikberichterstattung liegt ausschließlich bei der Redaktion und Redaktionsleitung.

-Die taz wird Sonderseiten zum Hungerstreik allein, entsprechend ihrer eigenen redaktionellen Entscheidungen, produzieren.

-Material von jeglicher Seite, einschließlich der Unterstützergruppen, wird von den zuständigen RedakteurInnen in Abstimmung mit Redaktionskonferenz und Redaktionsleitung verarbeitet, entsprechend den normalen journalistischen Gepflogenheiten beim Umgang mit Informanten.

-Eine Zusammenarbeit unter dem Druck andauernder, massenhafter Auftritte der Unterstützergruppen ist ausgeschlossen.

-Die taz stellt den Unterstützergruppen keinerlei Räume und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung.

-Die Unterstützergruppen können Informationen oder von ihnen vorbereitete Texte, wie jeder andere auch, persönlich in der Redaktion vorbeibringen. Dabei sind mehr als vier Personen nicht erwünscht und werden als Versuch gewertet, weiterhin Druck auf die taz auszuüben.

5) Es ist unmöglich, eine Zeitung unter andauerndem Belagerungszustand zu machen. Die Unterstützergruppen werden aufgefordert, sofort die taz-Räume zu verlassen. Sollten sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird die Produktion der Zeitung eingestellt, bis eine ungestörte Produktion wieder möglich ist. Der Geschäftsführer der taz sowie die für die technische Produktion Verantwortlichen werden angewiesen, alles Notwendige zu veranlassen, um einen Mißbrauch der taz-Infrastruktur und taz-Ausrüstungen zu unterbinden.

Berlin, 5.3.89