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Prüderie Diplomatie

■ Im Rushdie-Fall gibt sich Großbritannien einsichtig

Berlin (taz/dpa) - Aus Angst vor Vergeltung wird in Großbritannien immer mehr Selbstzensur geübt. Die berühmte Londoner Bibliothek British Library verbannte die Satanischen Verse zusammen mit pornographischen Schriften in eine Sonderabteilung. Aus einer geplanten Londoner Kunstausstellung ist ein Bild Khomeinis, das den Ayatollah mit einer nackten Frau darstellt, zurückgezogen worden. Auch die Thatcher-Regierung hat unterdessen bemerkt, daß sie eigentlich allen Grund zur Selbstzensur gehabt hätte: Außenminister Sir Geoffrey Howe hatte Rushdies Buch wegen des Vergleichs zwischen dem Großbritannien der „Torture-Thatcher“ und Hitler-Deutschland als „anstoßerregend“ bezeichnet, die Briten seien „schwerst beleidigt“.

Maggie Thatcher versteht nun auch, daß Muslims Rushdies Buch als zutiefst beleidigend empfinden. „Tief verletzt“ fühlte sich daraufhin auch Salman Rushdie, wie er telefonisch aus seinem Versteck wissen ließ. Er befürchtet, von der britischen Regierung fallengelassen zu werden. Teheran befand hingegen, daß die hermeneutischen Anstrengungen Maggie Thatchers zwar in die richtige Richtung, nicht aber weit genug gehen. Das iranische Parlament hat Großbritannien bis Dienstag eine Frist zum Einlenken gesetzt, sonst will Teheran die diplomatischen Beziehungen abbrechen. Nachdem bei Anti-Rushdie -Ausschreitungen in den indischen Bundesstaaten Jammu und Kashmir ein Mensch getötet und über hundert verletzt worden waren, ging die Polizei am Samstag mit Tränengas vor. In Bonn veranstalteten 5.000 fundamentalistische Moslems am Samstag eine Strohpuppen-Verbrennung unter dem Motto „Nieder mit Rushdie“.

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