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Expressionist, Klassizist, Realist

■ Der Bildhauer Gerhard Marcks wäre im Februar 100 Jahre alt geworden: Das Gerhard-Marcks-Haus stellt seine Person in den Mittelpunkt: „Ein Künstlerleben“ und ein Video “...und lebe mit den Augen“

„Fleissig war ich, aber die Umstände der Zeit waren nicht sehr günstig, meistens habe ich ihr das Werk abgetrotzt. So ist kein Meisterwerk entstanden“. Die Selbstzufriedenheit Gerhard Marcks‘ hielt sich in Grenzen. Der Zweifel, befand er, macht den Künstler aus. Im Februar wäre Marcks 100

Jahre alt geworden, Anlaß für das Gerhard-Marcks-Haus, einmal seine Person in den Mittelpunkt einer Ausstellung zu rücken. Unter dem Titel „Ein Künstlerleben“ wurde hier der Versuch unternommen, stichpunktartig Leben und Arbeitsweisen des Künstlers zu skizzieren. Im wahrsten

Sinne des Wortes eine zentrale Rolle spielt dabei Marcks‘ Zeichenschrank, dessen 6000 Zeichnungen zählenden Inhalt er fein säuberlich nach Themen unterschieden hat. Bei der Arbeit konnte er jederzeit auf diesen Studienfundus zurückgreifen. Einen Eindruck davon vermitteln neun große Bilderrahmen, die mit dutzenden kleiner Skizzen und Postkarten zu jeweils einem Sujet gefüllt sind; die Themen reichen von Tierstudien bis hin zu Paar-und Gruppendarstellungen.

Ein zur Ausstellung entstandener Videofilm von Marikke Heinz-Hoek und Isolde Loock befaßt sich mit Marcks'chem Leben und Denken. Ausgewählte authentische Äußerungen und Aufnahmen von Fotografien und Briefen verbinden sich in langsamem Rhythmus zur kleinen Einheit eines kleinen Einblicks, durchaus mit der beabsichtigten kontemplativen Wirkung.

Nicht ganz so gelungen ist der Versuch, einen Eindruck von der

Arbeitssituation eines Bildhauers zu vermitteln. Auch wenn die einem Bildhaueratelier nachempfundene Installation ganz interessante Details bietet, atmosphärisch leidet sie doch sehr unter der musealen Sauberkeit. „Man hat mich als Expressionisten gelten lassen, als „Entarteten“ gebrandmarkt, als Klassizisten beiseite gelegt und als Realisten wieder vorgeholt“. Texttafeln, Fotos und Vitrinen, dekorativ unordentlich bestückt mit Zeitungsartikeln, Familienalben, Zeichnungen und Skizzenbüchern, illustrieren Marcks bewegtes Leben: Man sieht den jungen Künstler mit dem ebenso jungen (späteren Bauhausbegründer) Walter Gropius nackend am Timmendorfer Strand, und erfährt, daß der Künstler bis zu seinem Tode gearbeitet, d.h. zum Schluß hauptsächlich gezeichnet hat.

Geboren in Berlin, war Marcks in den 20er Jahren zunächst Leiter der Töpferabteilung des Weimarer Bauhauses, später dann Pro

fessor für Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule in Halle. Während der NS-Zeit gilt er zwar offiziell als „entartet“, doch kann er weiterhin privat verkaufen. Im Krieg wird ein Großteil der bis dahin entstandenen Arbeiten zerstört. „Seine ganze Arbeit ist vernichtet, alles ist hin, und doch fängt der Mensch ein neues Leben an. Wo kommt alle diese Kraft her?“, schreibt Kätze Kollwitz über Marcks, der von 1946 bis 1950 Professor in Hamburg ist, dann bis zu seinem Tod in Köln lebte.

Bis auf eine kurze expressionistische Phase in den 20ern, war die Moderne für Marcks kein Maßstab. Er bezeichnete sich selbst als Verächter des Fortschritts, die griechische Archaik war für ihn Beginn und Höhepunkt europäischer Plastik, an ihr orientierte er sich. Daß er in seiner Zeit damit ein „Zwischen-Zwei-Stühlen“ war, hat er erkannt: „Heute ist alles nur noch Jux“.

S.H.

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