MAN will Monopolanspruch von Aerospace torpedieren

■ Raumfahrt-Agentur soll keine Stabstelle von Daimler werden / Platz für zwei Systemführer

München (dpa/taz) - Monopolansprüche der künftigen Daimler -Benz-Gesellschaft Deutsche Aerospace auf den Gebieten Raumfahrt- und Verteidigungstechnologie werden andere Industrieunternehmen mit einem Konzentrationsprozeß in diesen Bereichen beantworten. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden der MAN Technologie GmbH, München, Wolfgang Brunn, werde sich im Zweifel eine „Abwehrfront“ gegen Monopolansprüche der Deutschen Aerospace aus mittelständischen Firmen und Großunternehmen bilden, wie beispielsweise MAN, Siemens, Mannesmann und Thyssen. Diese Firmen hätten ebenso einen „begründeten Anspruch“ bei der Vergabe von Raumfahrtund Verteidigungstechnologie -Systemführerschaften, so Brunn.

Wie Brunn am Dienstag in München bei der Vorstellung einer MAN-Studie für eine europäische, wiederverwendbare Nutzlastkapsel für die Trägerrakete Ariane sagte, sei die Konzentration der Kapazitäten in der Deutschen Aerospace nur auf dem Gebiet der Luftfahrt sinnvoll, nicht aber in den anderen Bereichen. Es seien bereits Aerospace-Vertreter bei MAN vorstellig geworden, die darauf hinwiesen, jedem in die Suppe zu spucken, der sich dem Monopolanspruch widersetze. Unter diesen Voraussetzungen wäre die geplante Deutsche Raumfahrt-Agentur (DARA) „auch nur eine Stabsstelle von Daimler“ (siehe Kasten). Dies könne aber von den verantwortlichen Politikern so nicht gewollt sein, sagte Brunn. Auch von Bonn habe MAN die „Anregung“ bekommen, Monopolansprüche der Deutschen Aerospace nicht hinzunehmen.

Brunn und sein Vorstandsmitglied Horst Rauck kündigten für die MAN Technologie verstärkte Aktivitäten - auch zusammen mit anderen europäischen Firmen - hin zur Systemführerschaft bei Raumfahrtprojekten an. Das systemführende Unternehmen tritt gegenüber dem Auftraggeber als Geschäftspartner auf quasi federführend - und vergibt an andere Firmen Unteraufträge. Beim derzeit größten Knüller in der Raumfahrt, der Ariane-Trägerrakete, ist MBB Systemführer. Nach der geplanten Eingliederung von Messerschmitt-Bölkow -Blohm GmbH (MBB), Ottobrunn, in die Deutsche Aerospace mit Dornier ist die MAN Technologie dann mit Abstand zweitgrößtes deutsches Raumfahrtunternehmen mit rund 14 Prozent Marktanteil. In der Bundesrepublik sei Platz für zwei Systemunternehmen, sagte Rauck. Beim anstehenden Hochlaufen der europäischen Raumfahrtprogramme, wie Ariane 5, Hermes und Columbus, will MAN seien Anteil im Raumfahrtgeschäft mindestens halten. Im Geschäftsjahr 1988/89 (30.Juni) erwartet Rauck einen Umsatz von rund 250 Millionen DM nach 233 Millionen DM im Vorjahr. Knapp die Hälfte davon entfällt auf Raumfahrtprojekte.

Für die Ariane-Raketen hat MAN eine Vorstudie für eine wiederverwendbare Nutzlastkapsel erstellt, die bereits 1993 als Zusatzlast fliegen könnte. Für industrielle und wissenschaftliche Forschungszwecke im Bereich Mikrograviation und Schwerelosigkeit könnte die Kapsel mit einer Nutzlast von 400 bis 900 Kilo eingesetzt werden. Die Entwicklungskosten sollen einschließlich des Baus eines Prototyps bei 200 Millionen DM liegen. MAN hofft, daß dieses Projekt in das Programm der europäischen Weltraumagentur ESA aufgenommen wird, die französische Raumfahrtbehörde CNES habe die Studie unterstützt. Günstige Mitflugkosten bei der Ariane-Rakete seien bereits in Aussicht gestellt. Mit der MAN-Nutzlastkapsel würde Europa von chinesischen oder sowjetischen Raketen zum Transport von Experimenten im All unabhängig.