„Niemand im Kabinett hat ihm je widersprochen“

Südafrikas Apartheid-Chef Botha will nächste Woche sein Präsidentenamt weiterführen / Botha denkt nicht an einen freiwilligen Rücktritt / Interview mit dem Kapstadter Politikprofessor David Welsh über Bothas Chancen, an der Macht zu bleiben  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die Zukunft des südafrikanischen Apartheid-Chefs Pieter Botha ist weiterhin unklar. Auch nach intensiven Verhandlungen der Parlamentsfraktion der regierenden Nationalen Partei (NP) und einem Treffen Bothas mit dem neuen NP-Führer Frederick De Klerk und anderen NP-Führern am Donnerstag ist die Palastrevolte nicht beigelegt. Fest steht, daß De Klerk die Unterstützung der NP genießt und Bothas Rücktritt fordert, um das Amt für sich freizumachen. Von der 130köpfigen NP-Fraktion stehen weniger als 20 noch hinter Botha. Zu diesen gehört der stellvertretende Präsident Heunis, der am Donnerstag versuchte, Abgeordnete aus seiner Provinz für Botha zu gewinnen. Die Abgeordneten bissen nicht an.

Botha hat indessen angekündigt, daß er schon am Mittwoch sein Amt wieder aufnehmen will - zwei Wochen früher, als er noch letzte Woche in Aussicht gestellt hatte. Offenbar will er seine Herrschaft so schnell wie möglich wieder der Partei und Regierung aufzwingen und unter keinen Umständen freiwillig zurücktreten. Die taz fragte David Welsh, Politikprofessor an der Universität Kapstadt, welche Aussichten auf Erfolg Botha hat.

taz: Trotz des enormen Drucks aus der eigenen Partei will Präsident Botha offenbar nicht zurücktreten. Bietet Südafrikas Verfassung die Möglichkeit, ihn gegen seinen Willen aus dem Amt zu heben?

Welsh: Ja, aber das ist ein komplizierter Prozeß. Mindestens die Hälfte aller Abgeordneten in den drei Kammern des Parlaments (für Mischlinge, Inder und Weiße - d. Red.) muß eine Petition an den Parlamentspräsidenten unterschreiben, dann muß der oberste Richter das aus Abgeordneten bestehende Wahlgremium für den Präsidenten einberufen. Dann kann der Präsident aufgrund von Amtsverfehlung oder Unfähigkeit abgewählt werden. Über die genaue Definition dieser Begriffe wird übrigens spekuliert.

Ist es wahrscheinlich, daß die NP einen solchen Schritt tun würde?

Höchst unwahrscheinlich. In all ihren Jahren hat die NP noch nie einen Führer einfach fallenlassen. Sie versuchen immer, eine Übereinkunft zu finden, so daß das Ganze nicht zu schlecht aussieht, auch wenn es in der Fraktion schwere Spannungen gibt.

Andersrum gefragt, kann Botha seinen Willen der Partei aufzwingen?

Nein. Er hat zwar enormen Einfluß in diesem System, aber er kann nicht mit Anordnungen regieren. Ohne das Parlament kann er keine Gesetze verabschieden. Ich denke, die Aussagen, daß er jetzt zu einem Diktator wird, sind nur zum Teil wahr. Aufgrund der Verfassung sind seine Vollmachten stark eingeschränkt, wenn er keine Unterstützung in der weißen Kammer hat.

Aber es wurde doch bisher gesagt, daß er eigenmächtig regiert hat, das Parlament und selbst das Kabinett ins Abseits gedrückt hat?

Das stimmt schon. Aber er hat sich dabei seiner Fähigkeiten der Einschüchterung bedient, hat oft fast mit echtem Terror regiert. Er war die maßgebende Persönlichkeit und konnte die Fraktion so einschüchtern, daß sie sich ihm gefügt hat. Soweit ich weiß, hat niemand im Kabinett es je gewagt, ihm zu widersprechen. Die Frage ist jetzt, ob er das auch weiterhin wird tun können. Ich glaube nicht, daß er damit so erfolgreich sein wird, wie bisher.

Und wenn die NP sich nicht einschüchtern läßt? Könnte es zu einem Militärputsch kommen? De Klerk ist ja nie im Staatssicherheitsrat gewesen und hat da wohl kaum feste Unterstützer.

Das würde Botha wie einen Vulkan mit Wut und Rage explodieren lassen. Aber ein Putsch ist unmöglich. Seine Unterstützung im Sicherheitsapparat ist zwar stark, aber keineswegs uneingeschränkt. Zwar haben all die Beamten des Staatssicherheitsapparates ein Interesse daran, daß er bleibt. Und man weiß nie genau, was das Militär, was die Generäle denken. Da gibt es sicher auch verschiedene Meinungen. Aber dennoch würde es mich nicht überraschen, wenn die Militärs Botha jetzt gehen lassen wollen. Verteidigungsminister Magnus Malan ist jedenfalls nicht einer von den wenigen, die Botha nach wie vor offen unterstützen. Wenn Malan dafür ist, daß Botha geht, dann werden die meisten Generäle ihm folgen.