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Business as usual

■ Heute wieder eine Abschiebung / Innenbehörde weist Vorwurf zurück, vor dem Regierungswechsel verstärkt abzuschieben

Erst vergangenen Samstag war von hundert Demonstranten eine Abschiebung verhindert worden, schon steht die nächste ins Haus: Heute um fünf Uhr morgens soll der Nigerianer Olufeni Sofowora per Flugzeug verfrachtet werden.

Bereits seit Wochen kursiert in der Stadt, daß die Ausländerbehörde vor der Bildung des neuen Senats noch einmal kräftig ihren alten Besen schwinge, um den Abschiebeknast leerzufegen. Als „kompletten Humbug“ bezeichnete dies ein Sprecher der Innenverwaltung. Durchschnittlich fänden pro Monat 97 Abschiebungen statt. „Das ist business as usual!“

Evelies Bröker, die als Mitarbeiterien eines Anwaltbüros den Nigerianer vertritt, sieht das anders. Viele Anwälte wüßten vor Überlastung nicht, mit welchem Fall sie beginne sollen. „Die Ausländerbehörde schiebt jetzt auf Teufel komm raus ab, jeden, den sie kriegen können.“ Wie wahllos der eiserne Besen der Ausländebehörde kehrt, zeigt sich gerade bei Sofowora, der in Polen studiert und dort Frau und Kinder hat. Der Nigerianer kam am 23. Februar nach Berlin - ohne Visum. Der Weg führte direkt in die Abschiebehaft. Schon einmal war er nach Polen abgeschoben worden.

Sein Wunsch diesmal, freiwillig nach Polen zurückzukehren, blieb ebenso unberücksichtigt wie ein damals noch gültiges Einreisevisum nach Polen. Mittlerweile ist das Visum abgelaufen, Sofowora soll nach Nigeria. Durch einen Asylantrag aus der Haft entlassen, bemühte sich Sofowora bei der Ausländerbehörde, um über eine Rücknahme des Asylantrages die Ausreise nach Polen zu erwirken. Als Sofowora daraufhin seinen Asylantrag zurückzog, wurde er prompt von der Polizei verhaftet. Das Abschiebeziel heißt erneut Nigeria. Zwar liegt von der polnischen Militärmission mittlerweile ein Schreiben vor, daß er jederzeit ein neues Visum bekomme. Dazu braucht die Mission jedoch seinen Paß, und den will die Ausländerbehörde nicht rausgeben.

Martin Breuninger

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