: Doppelrekord: Höchstgewinne und Spitzenpleiten bei Banken
■ US-Reservefonds kann Insolvenzen bald nicht mehr auffangen Gewinnausschüttung zu hoch / Brady-Plan dürfte Bankenbilanzen wieder stärker belasten
Washington (afp) - Die Gewinne der US-Banken sind im vergangenen Jahr nach Angaben der amerikanischen Bankenaufsichtsbehörde FDCI um 17,1 Prozent gegenüber 1987 auf die Rekordhöhe von 25,3 Milliarden Dollar gestiegen.
Wie FDCI-Direktor William Seidman am Dienstag erklärte, erreichte die Zahl der Bankrotte im US-Bankwesen 1988 mit 221 ebenfalls einen Rekord. Die meisten der Bankzusammenbrüche wurden in den Staaten Texas, Oklahoma und Louisiana verzeichnet, also in den Regionen, die vom Verfall der Ölpreise betroffen sind. Wie Seidman in seinem vorab veröffentlichten Redetext weiter erklärte, zeichnet sich bei der Zahl der Bankzusammenbrüche eine leichte Besserung ab. Seit Beginn dieses Jahres habe seine Behörde 30 Fälle registriert, im Vergleich zu 44 im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Durch die hohe Zahl von Bankrotten hat die FDIC, die Bankguthaben bis zur Höhe von 100.000 Dollar versichert, im vergangenen Jahr erstmals seit ihrer Gründung 1934 rote Zahlen geschrieben.
Der Reservefonds der FDIC sank im vergangenen Jahr durch Ausgaben von mehr als vier Milliarden Dollar auf rund 14 Milliarden Dollar. Die Regierung in Washington hat als Reaktion auf diese Entwicklung eine Erhöhung der Versicherungsprämien vorgeschlagen, die die Banken auf ihre Einlagen zahlen müssen. Dennoch stellt sich die Lage der Banken insgesamt wesentlich besser dar, als die der 2.960 Sparkassen in den USA, die 1988 Verluste in Höhe von rund zehn Milliarden Dollar einfuhren. Große Konzerne konnten sich daher eine Reihe von Pleitekandidaten unter den Sparkassen unter den Nagel reißen - Ford-Motors an erster Stelle.
Die Rekordgewinne der US-Banken waren nach Angaben Seidmans vor allem im letzten Halbjahr 1988 bemerkenswert. Im dritten Quartal erzielten die 13.200 von der FDCI reglementierten Geschäftsbanken einen Rekordgewinn von 5,9 Milliarden Dollar und steigerten ihn im vierten Quartal erneut auf 6,7 Milliarden Dollar. „Das erste Mal, daß amerikanische Banken in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen Rekorde erzielten“, meinte Seidman.
Trotz der guten Ergebnisse empfahl Seidman den Banken Zurückhaltung bei der Ausschüttung der Gewinne. Die Weitergabe von durchschnittlich 52 Prozent der Gewinne an die Aktionäre sei zu hoch. Seidman betonte, daß die Bilanzen der US-Banken durch „eine Reihe von Ausnahmefaktoren“ um etwa vier Milliarden Dollar aufgebläht wurden. Dazu gehöre die Wiederaufnahme von Schuldendienstleistungen Brasiliens, das sein Moratorium von 1987 aufgehoben hat.
Auch wenn Seidman bereits am Wochenende bei einer Tagung des Bretton Woods-Komitees betont hatte, daß die amerikanischen Banken nicht mehr durch die Schuldenkrise der Dritten Welt bedroht sind, schätzen Beobachter, daß mit dem neuen Schuldenplan, den US-Finanzminister Nicolas Brady auf derselben Tagung vorgestellt hat, die Bilanzen der Banken negativ beeinflußt werden. Brady hatte erstmals einen Teilschuldenerlaß angedeutet, bei dem auch die Banken einen Teil ihrer Forderungen an die Entwicklungsländer erlassen sollten. Weitere negative Einflüsse auf die Bankengewinne erwarten Beobachter von der nachlassenden Dynamik des US -Wirtschaftswachstums sowie von der steigenden Inflation.
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