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Einheitslohn und die Begehrlichkeit der Partei

■ Die AL nominierte am Montag abend ihre StaatssekretärInnen / Die Delegierten führten lange Debatten über den Einheitslohn in der Partei / Für 2.400 netto will keine/r arbeiten / Eine Kommission soll mit StaatssekretärInnen und Senatorinnen Gehälter aushandeln

Die Alternative Liste nominierte am Montag abend die KandidatInnen für die vier ihnen zustehenden Staatssekretärspositionen. In der Senatsschulverwaltung wird Hans-Jürgen Kuhn, Ex-Abgeordneter der AL, 34, von Beruf Lehrer, eingestellt werden. Staatssekretärin für Frauenfragen wird Helga Hentschel, ebenfalls ehemalige Abgeordnete der AL und Ex-Vorsitzende des Frauenausschusses. Nach dem Konflikt im Vorfeld - Frauensenatorin Klein hatte erklärt, sie könne die Verantwortung für die Ernennung nicht tragen, weil das Vertrauensverhältnis nicht gegeben sei war die Personalfindungskommission trotzdem dem einheitlichen Votum des AL-Frauenbereichs für Helga Hentschel gefolgt. Ihr Kollege, für Jugendfragen zuständig, heißt Gerd Harms, promovierter Pädagoge. Und die neue Umweltsenatorin bekommt den ehemaligen Richter am Berliner Verwaltungsgericht, Mitarbeiter von Joschka Fischer und derzeitigen Umweltstadtrat aus Hannover, Klaus Groth, an die Seite. Kritisiert wurde von den Delegierten, daß für jede Stelle je nur ein Kandidat zur Auswahl stand.

Bei der vierstündigen Diskussion im Delegiertenrat interessierte die Qualifikation der BerwerberInnen weniger als deren Gehaltsvorstellungen. Die Delegierten wählten am Ende eine Kommission, die sowohl mit den SenatorenInnen als auch mit den StaatssekretärenInnen deren Gehaltswünsche aushandeln soll.

Zum AL-Einheitslohn von 2.400 Mark netto für Ledige, das wurde am Montag abend klar, will keine/r der KandidatenInnen arbeiten. Eine „Aufwandsentschädigung“ wollte Helga Hentschel zusätzlich haben, und Gerd Harms verschwieg nicht, daß er „auch gern Geld“ hat. Cola Kuhn umschiffte das Thema in der Vorstellung geschickt und wurde nicht gefragt. Klaus Groth dementierte Gerüchte, daß er 120.000 Mark im Jahr haben wolle. Genauso viel wie er jetzt in Hannover als Umweltstadtrat verdiene, will er auch als Staatssekretär bei Michaele Schreyer kriegen. In Mark und Pfennig wollte er sich dazu nicht äußern. Das sei seine Privatangelegenheit, schließlich sei auch seine Familie davon betroffen, sagte Groth. Auch einer Kommission werde er seine Unterhaltsverpflichtungen nicht preisgeben. Einzelne Delegierte der Datenschutzpartei konnten schlecht ertragen, daß der Kandidat so konsequent darauf beharrte, seine Gehaltsvorstellungen für sich zu behalten. „Sag doch wenigstens so ungefähr, wieviel Du willst“, versuchte einer ihn zu bedrängen. Doch Groth blieb fest. Jede politische Entscheidung werde er der Partei offenlegen, sagte der 41jährige, nicht aber sein Privatleben, und stellte die Frage nach der „politischen Kultur“ in der AL. Daß in der Kommission über „Härtefälle“ diskutiert werden solle, wie Siggi Friess es bezeichnet hatte, wollte Groth für sich nicht gelten lassen. „Ich bin doch kein Sozialfall“, stellte er fest und der AL frei, ob sie ihn zu diesen Bedingungen wählen wollte. Und sie wollte. Schließlich war er der Wunschkandidat des Umweltbereichs. „In der ganzen BRD können wir keinen besseren finden“, schwärmte Stefan Klinski, und auch die Senatorin war für ihn in die Bütt gegangen.

Die AL tut sich schwer mit dem Einheitslohn. Man will darauf nicht verzichten, merkt, daß er bröckelt und hält zumindest verbal daran fest. „Den doppelten Einheitslohn“ beispielsweise wollten die Senatorinnen haben. Mit den StaatssekretärenInnen soll „auf der Grundlage des Einheitslohns“ verhandelt werden. Doch es gab am Dienstag abend auch Delegierte, für die die Auflösung der einheitlichen Bezahlung aller, die für die AL arbeiten, ein nach wie vor verteidigungswürdiges Prinzip darstellt. Den „Abschied von vielen Vorstellungen, die wir hatten“, konstatierte eine Frau und drohte wutentbrannt an, aus dieser „Akademiker Mittelstandspartei“ auszutreten. „Schließlich haben die gewußt, daß wir Einheitslohn haben“, meinte ein anderer und sprach sich ebenfalls gegen „Einzelverträge“ aus.

Doch in der Diskussion ging es nicht nur um Prinzipien auch die Begehrlichkeit der Partei wurde deutlich. Schließlich geht es um viel Geld. Runde 12.000 Mark immerhin verdient ein Senator, um die 8.000 ein Staatssekretär. Abgeordnetengehälter liegen bei 5.200 brutto. Eine „ständige Geldquelle“ schimmerte für Ingrid Lottenburger am Horizont.

bf

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