: Dialog PLO-USA kommt in Schwung
■ Zweite Verhandlungsrunde in Tunis / Israelische Presse berichtet über Friedensplan von Peres / „Palästinensische Einheit“ in Föderation mit Israel und Jordanien anvisiert
Tunis/Tel Aviv (afp/taz) - Der Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yassir Arafat, hat nach der zweiten Gesprächsrunde zwischen der PLO und den USA am Mittwoch in Tunis der neuen Regierung in Washington ein ernsthaftes Interesse am Dialog mit der PLO bescheinigt. Mehrere palästinensische Verantwortliche begrüßten am Donnerstag, daß die Gespräche anscheinend endlich bei den grundlegenden Fragen angelangt seien.
In der PLO-Zentrale in Tunis geht man davon aus, daß die USA ihre Politik erst nach einer Reihe von Treffen mit führenden Politikern der Region definieren werden. In nächster Zeit werden der ägyptische Präsident Hosni Mubarak, der israelische Regierungschef Jizchak Schamir und König Hussein von Jordanien in Washington erwartet. Yassir Abed Rabbo, der palästinensische Delegationsleiter bei dem Treffen in Tunis, wies auch daraufhin, daß man nicht erwarten könne, alle Probleme seien nach ein oder zwei Begegnungen ausgeräumt.
Zu den Meinungsverschiedenheiten zwischen der PLO und den USA zählt zum einen die Forderung Washingtons, der Palästinenseraufstand in den besetzten Gebieten müsse sich in einen „politischen Dialog“ verwandeln, also ausgesetzt oder beendet werden. Abed Rabbo sagte dazu, die Intifada werde bis zum israelischen Rückzug aus der Westbank und dem Gaza-Streifen andauern. Zum andern halten die USA eine Nahost-Friedenskonferenz für „verfrüht“. Sie wünschen direkte Verhandlungen zwischen „Israelis und Palästinensern“. Nach Auffassung der PLO muß aber der Einberufung einer Konferenz Vorrang eingeräumt werden. Umstritten ist noch das Ziel eines Friedensprozesses. Robert Pelletreau, US-Botschafter in Tunis und Leiter der US -Delegation, sprach zwar von „legitimen politischen Rechten“ der Palästinenser, nicht aber von nationalen Rechten. Auch US-Außenminister James Baker hatte vor kurzem daran erinnert, daß die USA die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates nicht unterstützen.
Schamir hat unterdessen im Vorfeld seiner US-Reise erstmals die PLO als „Teil der Realität im Nahen Osten“ bezeichnet, jedoch hinzugefügt, daß sie als Verhandlungspartner nicht infrage käme. Schamir (Likud-Block) und Verteidigungsminister Jitzhak Rabin (Arbeiterpartei) streben eine Art Autonomieregellung für die besetzten Gebiete an und wollen nur mit solchen Palästinensern reden, die aus Wahlen unter der Besatzung als Ansprechpartner hervorgegangen sind.
Schimon Peres sorgte am Donnerstag für neuen Wirbel, als die Zeitung 'Haaretz‘ über einen Plan des Finanzministers und Chefs der Arbeiterpartei berichtete, in der dieser von einer Autonomielösung abrückte und damit zugleich ein bezeichnendes Licht auf die Auseinandersetzungen in der Führung seiner Partei warf. Peres schlägt nun eine endgültige Regelung ähnlich wie im Fall der Benelux-Staaten vor: Die Bildung einer „palästinensischen Einheit“ in einem Teil der Westbank und des Gaza-Streifen, mit eigener Regierung und Polizei, jedoch ohne Armee, als Teil einer israelisch-jordanischen Föderation. Peres zufolge sollen Israel und Jordanien für die Sicherheit der „palästinensischen Einheit“ sorgen. Peres beeilte sich, zu dementieren, daß bei dem „palästinensischen Gebilde“ an einen unabhängigen Staat gedacht sei, wie die Presse berichtete.
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