: Offener Brief an den Bundesinnenminister
an den Bundesinnenminister
Lieber Herr Zimmermann, der Backnanger Kreiszeitung vom 9.3.89 entnehme ich, daß Sie sich dafür einsetzen, im Katastrophenfalle Zivilpersonen zu Hilfeleistungen zu zwingen, falls die freiwilligen Helfer nicht mehr ganz so freiwillig oder längst über alle Berge sein sollten. Um Ihnen Enttäuschungen zu ersparen, möchte ich Sie jetzt schon darauf hinweisen, daß Sie in einem solchen Falle mit mir nicht zu rechnen brauchen. Gehen wir zum Beispiel von einer Reaktorkatastrophe aus, so heißt das im Klartext, daß ich nicht daran denke, für Sie die Kastanien aus der Kernschmelze zu holen. Überhaupt bin ich der Meinung, in einer solchen Situation nach dem Verursacherprinzip zu verfahren und diejenigen die Schmelze auslöffeln zu lassen, die sie uns eingebrockt haben, also Sie, die Politiker, die Atomkraft-Lobbyisten und die Lippenbekenntnis-Restrisiko -Rambos aus der Atomkraftbefürworterszene.
Außerdem herrscht im Katastrophenfalle zuweilen der Ausnahmezustand. Bei Zuwiderhandeln gegen staatliche Verordnungen im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand wurde man früher bekanntlich an die Wand gestellt. Abschließend sei mir noch die Frage erlaubt, ob der Kabinettsbeschluß vom 8.3. vorsieht, mit Leuten, die sich für solche „Hilfeleistungen“ nicht hergeben, in Zukunft immer noch so zu verfahren.
Gesellschaft zur Enthüllung von Kanonenfutter, Eduard Balthes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen