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Frieden in Namibia bedroht

■ Südafrika droht mit Konsequenzen nach Kämpfen in Namibia / Angeblich 100 Tote bei Feuergefechten zwischen Swapo-Kämpfern und südafrikanischer Polizei

Windhuk (dpa/taz) - „Die Zukunft des namibischen Unabhängigkeitsprozeß entscheidet sich wahrscheinlich innerhalb der nächsten 24 Stunden.“ Mit Konsequenzen drohte am Samstag abend der südafrikanische Außenminister „Pik“ Botha nach Gefechten an der namibischen Grenze zu Angola, bei denen mindestens 48 Menschen starben. Die namibische Befreiungsbewegung Swapo wies gestern südafrikanische Vorwürfe zurück, die Zwischenfälle ausgelöst zu haben. Die Zusammenstöße seien vielmehr von dem Apartheid-Regime angestiftet worden, um den Unabhängigkeitsprozeß zu verhindern. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die am Samstag zum Ende ihrer Afrika-Tour die namibische Haupstadt Windhuk besucht hatte, forderte eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates über das „schwerwiegende Eindringen schwarzer Guerillas“.

Botha warf der Swapo vor, von Angola aus in den Norden Namibias eingedrungen zu sein, um „Anschläge zu verüben“. Er verlangte in ultimativer Form eine Stellungnahme des UN -Generalsekretärs Perez de Cuellar. Andernfalls sehe sich Südafrika gezwungen, die gerade erst stationierte UN -Friedenstruppe (Untag) zum Abzug aus Namibia aufzufordern, „bis die Swapo zur Vernunft gebracht worden ist“. Der Swapo -Angriff sei eine „klare Verletzung“ der Namibia-Resolution 435 des UN-Sicherheitsrates und des darin vereinbarten Waffenstillstandes. Nach südafrikanischen Angaben wurden 38 Swapo-Guerillas und zwei südafrikanische Polizisten getötet.

Bei neuen Kämpfen im Norden Namibias sollen nach Angaben der Polizei in Windhuk gestern 42 weitere Swapo-Kämpfer und zwei Polizisten umgekommen sein. Nähere Einzelheiten waren bis Redaktionsschluß nicht bekannt. Ein weiterer Zwischenfall wurde gestern ebenfalls aus dem nördlichen Teil Nambias gemeldet. Dort hatten südafrikanische Soldaten von einem Hubschrauber aus acht Anhänger der Swapo erschossen, berichtete die Sprecherin des namibischen Kirchenrats, Christine Plezia. Danach hatten sich Anhänger der Befreiungsbewegung vor einem Getränkeladen in der bevölkerungsreichsten Nordprovinz Ovamboland versammelt, als von dem Hubschrauber aus das Feuer eröffnet worden sei.

Nach unbestätigten Berichten Fortsetzung auf Seite 2

der britischen Rundfunkgesellschaft 'BBC‘ hielten gestern die Kämpfe zwischen Swapo-Rebellen

und der südafrikanischen Polizei an. Laut 'BBC‘ erklärte die Swapo, ihren Kämpfern sei ausdrücklich empfohlen worden, den vereinbarten Waffenstillstand nicht zu brechen. Sie hätten nur in Selbstverteidigung zurückgeschossen.

In New York teilte UN-Sprecherin Nadie Younes währenddessen im Auftrag des Generalsekretärs mit, eine Untersuchungskommission der UN-Namibiatruppe Untag sei bereits in das fragliche Gebiet entsandt worden. Nach Informationen aus Windhuk wurde die vierköpfige UN -Kommission von vier Bauftragten des südafrikanischen General-Administrators für Namibia, Louis Pienaar, in die Kampfzone begleitet.

Noch am Samstag kamen der finnische UN-Sonderbeauftragte Martti Ahtisaari und der indische Kommandant des militärischen Untag-Kontingents Prem Chand mit dem südafrikanischen Statthalter überein, den seit dem gleichen Tag verbindlichen Namibia-Plan der UNO

insoweit abzuändern, als „spezifische Einheiten“ der südafrikanischen Armee im Bedarfsfall die Polizei bei der Überwachung der Grenze unterstützen sollen.

Nach den Bestimmungen der UN-Resolution 435 sind die in Namibia stationierten Soldaten Südafrikas auf ihre Stützpunkte begrenzt, während die Friedenssicherung alleine der Untag und den Polizeikräften obliegt. Die bewaffneten Swapo-Kämpfer müssen ihrerseits mindestens 100 Meilen nördlich der Grenze im Süden Angolas verbleiben.

Erst im vergangenen Jahr stimmte Südafrika einem Unabhängigkeitsplan für Namibia zu, der über Wahlen am 1.November dieses Jahres zur vollen Unabhängigkeit des Landes führen soll. Bei den Wahlen einer verfassunggebenden Versammlung werden der Swapo die größten Chancen eingeräumt. Der Termin für die Unabhängigkeit steht noch nicht fest, derzeit ist von April nächsten Jahres die Rede.

mf

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