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FDGO-fixiert-betr.: "Sowjets vor dem demokratischen Erbfall?", taz vom 25.3.89

betr.:„Sowjets vor dem

demokratischen Erbfall?“,

taz vom 25.3.89

Die gegenwärtige Umstrukturierung sowjetischer Staatsmacht als „demokratische Ansätze“ und „Einübung in die Demokratie“ zu bezeichnen, den neuen Volksdeputiertenkongreß eine „erstmals weitgehend demokratisch legitimierte Institution“ zu nennen, zeugt von einem sehr FDGO-fixierten Demokratiebegriff. (...) Entscheidend dafür, wie demokratisch ein politisches System ist, ist doch nicht die Anzahl der für die Machtausübung in Frage kommenden Partei(en) beziehungsweise Gruppierung(en), sondern vielmehr deren Qualität: hat das Volk, genauer die politisch aktiven Teile der Bevölkerung, grundsätzlich die Möglichkeit, mit Hilfe dieser Partei(en) seine Interessen umzusetzen oder aber handelt es sich dabei um ein (oder mehrere) Instrument(e) einer ausbeuterischen Minderheit?

(...) Aber auch grundsätzlich sollte die vom Westen und seinen östlichen Nachbetern (Jelzin, Gross, etc.) behauptete Überlegenheit des Mehrparteiensystems hinterfragt werden: Ist das Prinzip der Kooperation, auf dem ein richtig verstandenes Einparteiensystem ja beruht, nicht zukunftsträchtiger als das archaische Konkurrenz- und Kampfprinzip des Liberalismus, mag auch die Sowjetunion momentan verstärkt auf das Überkommene zurückgreifen?

Wer meint, Stalinsche Repression und bürokratische Verformung hätten dem Einparteiensystem praktisch die Legitimität entzogen, muß sich fragen lassen, wie er angesichts der ungeheuren imperialistischen Verbrechen noch irgendeine Form von pluralistischem Parlamentarismus rechtfertigen will.

Anne Silberbauer, Baden-Baden

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