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Wohnungszuteilung für Aussiedler

■ Aussiedler sollen nicht mehr automatisch am Ort ihrer Wahl wohnen dürfen / Zimmermann schwänzt

Berlin (dpa/ap/taz) - Bei dem gestrigen Spitzengespräch beschloß die Koalition, daß die in diesem Jahr erwarteten 200.000 bis 300.000 Aussiedler und die Übersiedler aus der DDR nicht mehr in jedem Fall eine Wohnung am Ort ihrer Wahl erhalten würden. Sie sollen zumindest für eine Übergangszeit auch Wohnungen auf dem Lande oder am Rande von Ballungsgebieten akzeptieren. Erreicht werden soll damit eine gleichmäßigere Verteilung der Belastung der Städte und Gemeinden. Ein entsprechender Vorschlag von Staatsekretär Waffenschmidt vom Innenministerium sei in der Koalitionsrunde im wesentlichen akzeptiert worden.

Gedacht ist diesen Informationen zufolge an ein Bundesgesetz zur Ergänzung der Verteilungsverordnung von 1952, mit dem die Länder ermächtigt werden, die Verteilung der Aussiedler auf die kreisfreie Städte und innerhalb der Kreise auf die Städte und Gemeinden per Rechtsverordnung zu regeln. Unter Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit soll der Aussiedler verpflichtet werden, vorläufig den ihm zugewiesenen Hauptwohnsitz zu nehmen und zu behalten, solange er nicht selbst eine andere ausreichende Wohnung nachweist.

Klar geregelt war bislang nur die Aufteilung der Aus- und Übersiedler auf die einzelnen Bundesländer. Nach diesem seit Ende 1962 geltenden Schlüssel werden beispielsweise Baden -Württemberg 16,9 Prozent der Betroffenen zugewiesen, die „unverzüglich aufzunehmen“ sind. Die Einhaltung der Quoten ist jährlich unterschiedlich. 1988 beispielsweise nahmen zehn Länder weniger Aussiedler auf, während Nordrhein -Westfalen um 7,9 und Berlin um 0,4 Prozent über ihren Quoten lagen.

An dem ersten Koalitionsgespräch nach der Osterpause, nahmen neben den Vertretern der Fraktionsführungen auch CSU -Chef Waigel und der FDP-Vorsitzende Lambsdorff teil. Bundesinnenminister Zimmermann, dessen Arbeitsgebiet als einziger Punkt auf der Tagesordnung stand, fehlte zum Befremden der Anwesenden auf dieser Sitzung, da er noch auf Großwildjagd in Namibia weilte.

Die Spitzenpolitiker der Regierungsparteien kamen überein, eine Arbeitsgruppe zum Thema „Fremdrenten“ ins Leben zu rufen. Möglichst bis April soll diese Kommission Änderungsvorschläge zum Fremdrentengesetz vorlegen, die verhindern sollen, daß Aussiedler in der Bundesrepublik teilweise eine höhere Rente bekommen, als Bundesbürger, die hier regelmäßig Beiträge in den Rentenversicherung eingezahlt haben.

Die Spitzenpolitiker der Regierungsparteien kamen nur überein, eine Arbeitsgruppe zum Thema „Fremdrenten“ ins Leben zu rufen. Möglichst bis April soll diese Kommission Änderungsvorschläge zum Fremdrentengesetz vorlegen, die verhindern sollen, daß Aussiedler in der Bundesrepublik teilweise eine höhere Rente bekommen, als Bundesbürger, die hier regelmäßig Beiträge in den Rentenversicherung eingezahlt haben.

Ausgespart wurde offenbar bei dem zweistündigen „Spitzengespräch“ ein Konflikt unter den Koalitionsparteien, den Anfang der Woche der FDP-Vorsitzende Lambsdorff ausgelöst hatte. Er war im Kölner 'Express‘ mit der Äußerung zitiert worden, die jährliche Zahl von Aussiedlern müsse so begrenzt werden, „daß sie den tatsächlichen Aufnahmekapazitätzen bei uns entspricht. Niemand wird ganz abgewiesen, aber mancher muß dann eben warten, bis hier wieder Aufnahmemöglichkeiten vorhanden sind“. Aussiedler, so betonte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, seien wegen ihres jungen Durchschnittsalters sozialpolitisch ein Gewinn für die Bundesrepublik. Die Volkszählung hätte eine rückläufige Bevölkerungszahl ergeben, Aussiedler würden daher auf Dauer dazu beitragen, die Rente der Bundesbürger zu sichern.

Auf ihrem gestrigen Treffen sprachen sich die Regierungspolitiker dafür aus, die Visumserteilung für Polen restriktiver zu handhaben. Die Spekulationen über eine Regierungsumbildung und die angekündigte „Straffung der Regierungsarbeit“ sollen bei dem gestrigen Koalitionsgespräch nicht zur Sprache gekommen sein.

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