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Serbien schürt Stimmung gegen Albaner

Milovac Djilas: „Hunderte, wenn nicht Tausende Albaner verbüßen politische Haft“ / Größte Säuberungsaktion seit Titos Bruch mit Stalin / Intellektuelle befürchten Schauprozesse / Planierraupen reißen in der Nähe von Skopje traditionelle Mauern um Wohnhäuser ein  ■  Aus Budapest Roland Hofwiler

Während in Serbien eine breite Kampagne für Slobodan Milosevic, KP-Chef der Republik, anläuft, er möge doch auch noch das Amt des serbischen Republikpräsidenten bekleiden eine Doppelfunktion, die nach der jugoslawischen Verfassung gar nicht vorgesehen ist - beginnt im Kosovo eine Serie von politischen Prozessen und Säuberungen.

Gestern wurde Zivojin Mitrovic, ein Milosevic-treuer Serbe, zum neuen Bürgermeister der zu 87 Prozent von Albanern bewohnten Provinzhauptstadt Pristina bestimmt, obwohl er kein Wort albanisch versteht. Sein Vorgänger dagegen, ein Albaner, soll sich vor Gericht verantworten. Altbekannte Anschuldigungen: Durch Unachtsamkeit habe er der Konterrevolution Vorschub geleistet.

Den ersten elf „Konterrevolutionären“ wird bereits in Pristina der Prozeß gemacht. Nach den spärlichen Angaben, die über die nichtöffentliche Verhandlung nach draußen dringen, sind die angeklagten Studenten zwischen 21 und 23 Jahre. „Unter den Bildern von Marx, Engels, Lenin und Stalin bereiteten sie auf konspirativen Sitzungen staatsfeindliche Aktionen vor“, weiß die Belgrader 'Politika‘ zu berichten und frohlockt: „Die Politik der Differenzierung ist in vollem Gange“, soll heißen: die Säuberungswelle.

Das Milosevic-Hausblatt, auf dessen Filiale in der Provinzstadt Osjiek am Wochenende ein Anschlag verübt wurde, gesteht ein, daß in der mittlerweile vollkommen Serbien untergeordneten Provinz die größte Säuberung seit dem Bruch Titos mit Stalin im Jahr 1947 eingeleitet werde. Albanische Intellektuelle fürchten mit Hunderten, möglicherweise Tausenden Schauprozessen. Das Klima dafür wird in der südjugoslawischen Parteipresse täglich neu erzeugt. Man halte noch immer die Schulen geschlossen, um möglichen Schülerprotesten vorzubeugen, behauptet die 'Politika‘. Die slowenische Parteizeitung 'Delo‘ sieht das anders. Die Schüler müßten dem Unterricht fernbleiben, weil Soldaten darin Quartier bezogen hätten.

Ganz massiv wird auch in diesen Tagen der Mythos wieder wachgerüttelt, albanische Männer vergewaltigten serbische Frauen. Der Wirtschaftswissenschaftler Branko Horvat widerlegt diese und ähnliche Behauptungen in seinem Buch Die Kosovo-Frage, das ein staatlicher Verlag in Nordjugoslawien in einer neuen Auflage herausbringt. Mit dem Erfolg, daß der jüdische Intellektuelle mit antisemitischen Äußerungen beschimpft wird und das Werk in Serbien auf den Index gesetzt wurde. Begünstigt wird die „Albanerhetze“, so 'Mladina‘ aus Ljubljana, durch das Schweigen serbischer Intellektueller. Selbst Milovac Djilas, in den 50er Jahren ein Stardissident Sacharow, fühlt sich dem serbisch -nationalistischen Kurs verbunden. Der Montenegriner, einst neben Tito der zweite Mann im Staate und bis zum Bruch mit dem Regime kursbestimmend für den besonderen Weg Jugoslawiens abseits des Moskauer Kurses, gab dem ungarischen Fernsehen am Dienstag abend ein Interview. Während er sich in Jugoslawien so noch nicht äußern konnte und seine Bücher weiterhin verboten sind, nutzte Djilas seinen ersten TV-Auftritt in Osteuropa nur mit der Feststellung, es stimme in der Tat, daß Hunderte, möglicherweise gar Tausende Albaner politische Haftstrafen in seinem Lande zu verbüßen hätten. „Das bedeutet aber keine nationale Unterdrückung der Albaner, das ist nur eine Verfolgung der Organisatoren des illegalen Separatismus.“ Sätze, die von Slobodan Milosevic stammen könnten.

Planierraupen gegen Tradition

Belgrad (afp) - Mit Planierraupen ist in dieser Woche damit begonnen worden, in der Nähe von Skopje, im Süden Jugoslawiens, die Mauern niederzureißen, die etwa 4.000 Häuser albanischer Familien umgeben, berichtete am Dienstag die Tageszeitung 'Politika Ekspres‘. Entsprechend ihrer Tradition umschließen die albanischen Jugoslawen ihre Anwesen mit zum Teil drei Meter hohen Mauern. Die kommunalen Verantwortlichen hatten in der Zeitung ihr Vorgehen damit gerechtfertigt, daß ein Zusammenleben zwischen Mazedoniern und Albanern durch die Barriere der Mauern unmöglich sei.

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