„Kein Gruppendruck“

Karl-Heinz Dellwo zum Hungerstreik  ■ D O K U M E N T A T I O N

Ich habe in meiner Erklärung am 15.2. 1989 gesagt: Unbedingt wichtig ist mir die Klarheit darüber, daß diese Stellung in der Kette eine freiwillige Entscheidung von mir ist, daß ich sie gewollt habe und daß sie auch einfach zu treffen war aus den Verhältnissen untereinander, daß hier der Kampf an und für sich zugleich auch der um und für alle ist - und umgekehrt. Die Verhältnisse untereinander sind ein Wert an sich; sie brauchen keine besondere Erklärung.

Nun kommt wieder der Schrott: Gruppendruck, gezwungen und so weiter. Von Krumsiek kommt gleich: Das NRW-Modell löst die Gruppe auf. Dabei sind gerade in NRW zwei Genosinnen in der Kette, darunter Christa (Eckes) an erster Stelle, die seit Jahren völlig von anderen von uns getrennt wurden. Seit Anfang an auseinandergerissen, war die Gefangenengruppe immer zusammen, und so haben wir auch immer wieder gemeinsam, kollektiv gekämpft um uns - egal wie die Bedingungen waren. Daran wird sich nie was ändern, nach 18 Jahren sind die Behauptungen dagegen lächerlich und sollen nur die Brutalität legitimieren, die die ganze Zeit zur Zerstörung unserer kollektiven Identität eingesetzt wird.

Das ist der einzige Druck, den ich, den wir über die ganze Zeit gespürt haben. Er hat vom Ziel, von Form und Qualität her den Charakter von Folter.

Jeder in der Gruppe ist freiwillig drin oder gar nicht. Jeder, der gehen will, kann gehen, jedem würden wir dabei helfen, einen für ihn/sie anständigen Weg für sich dabei zu finden.

Anders ist überhaupt nichts möglich. Das Zwangskollektiv ist eine materielle Unmöglichkeit. Es kommt auch nur als Behauptung von denen, deren Geschäft es ist, Menschen zwanghaft in Lebensverhältnisse zu drücken, die gegen ihre ganzen sozialen Interessen sind.

Und genau das propagieren sie zu uns, Krumsiek besonders gerade in NRW, Remmers kündigt an, uns nach dem Niederschlagen des Hungerstreiks gewaltsam unter ihre zerstörerischen Normalvollzugsbedingungen zu stecken, jeden vereinzelt. Um jede eigene Entscheidung von uns zu vernichten. Aber eher sterben wir im Kampf um unsere Freiheit, uns selbst in unseren grundsätzlichen Lebensbestimmungen zu entscheiden. Alles andere wäre der schlimmere Tod. Celle, 30.3. 198

Karl-Heinz Dellwo